Eine Erinnerung an besondere Frauen in NRW Platz vor Café Mari erinnert an die mutige Anna Tervoort

Krefeld · Krefelderin hatte 1944 die als jüdisch verfolgte Johanna Werner versteckt und somit vor dem sicheren Tod gerettet

 Auf dem nach Anna Tervoort benannten Platz stehen Bezirksvorsteherin Anke Drießen-Seeger, Oberbürgermeister Frank Meyer sowie die Initiatorinnen Cornelia Pier und Ute Bockstegers vom Zonta Club Krefeld am Rhein (v.l.).

Auf dem nach Anna Tervoort benannten Platz stehen Bezirksvorsteherin Anke Drießen-Seeger, Oberbürgermeister Frank Meyer sowie die Initiatorinnen Cornelia Pier und Ute Bockstegers vom Zonta Club Krefeld am Rhein (v.l.).

Foto: Andreas Bischof

Damit couragierte Frauen aus der Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten, hat sich der Frauenrat NRW zum Ziel gesetzt, bis Ende 2025 insgesamt 50 Frauen-Orte in NRW zu eröffnen. Auf Initiative des Zonta Clubs Krefeld am Rhein hat Oberbürgermeister Frank Meyer am Freitagnachmittag den ersten „FrauenOrt“ in Krefeld an der Stephan- Ecke Wiedenhofstraße eröffnet, in dem er den bislang namenlosen Platz vor dem Café Mari der in der NS-Zeit mutigen Krefelderin Anna Tervoort gewidmet hat. Ab sofort ist der kleine historische Platz nach ihr benannt.

„Als Gerechte unter den Völkern“ durch Yad Vashem geehrt

Die älteren Krefelder und Krefelderinnen werden sich vielleicht noch an das mutige Handeln Anna Tervoorts zum Ende des Zweiten Weltkrieges erinnern, für das sie verspätet, aber nicht vergessen 1995 mit dem Bundesverdienstkreuz und 1999 vom Staat Israel geehrt wurde. Sandra Franz, Historikerin und Leiterin der NS-Dokumentationsstelle, die zusamen mit dem Kresch-Theater und dem Zonta-Club in diesem Falle kooperiert, erinnerte Freitagnachmittag in der Feststunde an das Leben der 2002 in Krefeld verstorbenen Bäuerin. „Wenn mehr Menschen so damals wie heute handeln würden, würde die Welt heute ein Stück besser sein“, so Franz.

1909 in Schmalbroich als Tochter eines Bäckers geboren, zog Anna Brückner 1932 zum Hülser Berg und heiratete 1936 dort den Bauern Peter Tervoort. Der wurde nach Kriegsausbruch eingezogen, sie bewirtschaftete den Hof alleine weiter und zog ihre Tochter und ihren Sohn groß. Im Herbst 1944 hatte ihr Schwager Hermann Tervoort gefragt, ob sie die ihr bis dahin unbekannte Gattin des bedeutenden Registerkassen-Fabrikanten Werner bei sich auf dem Hof verstecken könne. Er selber hätte es auch getan, doch seine Frau war dagegen.

Die mit einem Christen in einer laut NS-Schergen „Mischehe“ lebende Jüdin sollte deportiert werden und musste um ihr Leben fürchten. Die damals 35-jährige Anna Tervoort zögerte keinen Moment, sie bei sich aufzunehmen. „Ich hab’ halt einfach gemacht“, hat sie später bescheiden gesagt, als sie im Januar 1995 von Oberbürgermeister Dieter Pützhofen das Bundesverdienstkreuz für ihren Mut bekam. Das war das Verdienst ihre Tochter Johanna Werner, die am Freitag mit ihren eigenen Kindern und Enkeln der Enthüllung der Gedenktafel beiwohnte.

Johanna Werner war 1992 dem Aufruf „Unbesungene Helden – Suche nach Rettern von Verfolgten während der NS-Zeit“ des NS-Dokumentationszentrums gefolgt. Die Historiker Reinhard Schippkus und Burkhard Ostrowski rekonstruierten die Geschichte von Anna Tervoort und Johanna Werner und bewahrten sie vor dem Vergessen. Die Krefelder Historiker übergaben die Recherche an „Yad Vashem“, die staatliche israelische „Gedenkstätte des Holocausts und des Heldenmuts“, die Anna Tervoort als „Gerechte unter den Völkern“ anerkannte. „Als Einzige aus Krefeld übrigens“, hob Frank Meyer hervor. Trotz der Gefahren für sich und ihre Kinder zeigte sie großen Mut – und rettete Johanna Werner gleich zweimal das Leben. Denn ein Denunziant aus der Nachbarschaft wollte die angebliche Cousine an die Nazis verraten, wenn er nicht ein halbes Schwein bekäme. „Er bekam das halbe Schwein und gemeinsam mit einem bekannten Studienrat ,versteckten’ sie Johanna Werner im großen Bunker neben dem Krefelder Hauptbahnhof, wo Anfang 1945 bei den Tausenden nicht mehr die Papiere kontrolliert wurden. Anna Tervoort versorgte sie auch dort weiter mit Lebensmitteln,“ so Sandra Franz.

Angesichts der dunklen Nazi-Zeit und des Mutes von Menschen wie Anna Tervoort wünschte sich OB Meyer, dass die Menschen heute mehr anerkennen würden, in welch freien, demokratischen und wirtschaftlich verträglichen Zeiten sie leben, und genau das, zu schützen sich lohnt – im Hinblick auf die Wahlergebnisse in Thüringen, Sachsen und auch Brandenburg. Wohin der Verlust führe, könnten die Krefelder jetzt an der Lebensgeschichte von Anna Tervoort nachverfolgen.