Protestprofi kämpft für Krefeld
Der Berliner Anwalt Philipp Heinz klagt gegen die Stromtrasse von Amprion. Mit dem Widerstand gegen Großprojekte ist er vertraut.
Krefeld. Der Kampf Krefelds gegen den Stromnetzbetreiber Amprion könnte zum Modellfall für Deutschland werden. „Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig befasst sich erstmals mit einer solchen Sache. Die Entscheidung hat sicher Auswirkungen auf andere Fälle“, sagt Philipp Heinz.
Der Berliner Anwalt arbeitet im Auftrag der Stadtverwaltung. Er hat die Klage gegen den Beschluss der Bezirksregierung formuliert, wonach Amprion die 380-kV-Stromtrasse im Süden und Westen Krefelds als Freileitung errichten darf. Die Stadt fordert dagegen, dass ein Teil der Leitung als Erdkabel verlegt wird — ein Konflikt, der bundesweit vielfach droht. Denn geplant sind Tausende Kilometer Stromautobahnen.
Heinz ist kein unbeschriebenes Blatt. Er gilt als einer der einflussreichsten Anwälte des Landes, wenn es um die Verhinderung von Großinvestitionen geht. Im Auftrag einer Bauernfamilie hat er gegen das Kohlekraftwerk des Eon-Konzerns in Datteln geklagt — und den Weiterbau bis auf weiteres verhindert. In Berlin vertritt er die Interessen von Menschen, die sich gegen Flugrouten für den neuen Airport in Schönefeld wehren. Der Protestprofi kennt sich aber auch mit dem Widerstand gegen Stromleitungen aus. „Wo Staat und Bürger sich in die Haare kommen, da ist Heinz mittendrin“, schrieb die „Wirtschaftswoche“. Ein Gutachten aus seiner Kanzlei soll 50 000 Euro und mehr kosten.
Philipp Heinz, Rechtsanwalt
Eine Prognose, ob die Klage gegen Amprion erfolgreich sein wird, möchte der Anwalt nicht abgeben. „Wir haben allerdings gute Argumente“, äußert er sich selbstbewusst. Laut Heinz hat die Bezirksregierung technische Alternativen wie die einer teilweisen Erdverkabelung nicht hinreichend geprüft. „Das ist so nicht rechtskonform.“ Die Leitung sei gut sieben Kilometer lang. Etwa 2,5 Kilometer davon sollten als Erkabel verlegt werden. Es gehe um Flächen in der Nähe von Wohnbebauung, so Heinz.
Als fragwürdig beurteilt der Jurist den Umgang der Bezirksregierung mit der Angst der Menschen. Die Behörde urteilt, dass schädliche Umwelteinwirkungen durch die Höchstspannungsleitung nicht zu erwarten seien. „Als Maßstab dienen dabei Grenzwerte, die nicht mehr zeitgemäß sind“, sagt Heinz.
Nicht überzeugend findet der Anwalt auch die Argumente der Bezirksregierung zur Betriebssicherheit. Die Behörde behaupte, Erdkabel seien unsicherer als Freileitungen. Eine hinreichende Begründung liefere die Behörde für diese Einschätzung aber nicht.
Beim Bundesverwaltungsgericht hat der Anwalt zunächst einstweiligen Rechtsschutz gegen den Beschluss beantragt. Mit einer vorläufigen Einschätzung rechnet Heinz in drei bis vier Monaten. Das Hauptsacheverfahren könnte dann folgen.
Die Bezirksregierung hatte sich vor allem auf das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) gestützt. Dort heißt es, dass der Einsatz von Erdkabeln auf Höchstspannungsebene noch erprobt werden müsse. Wo getestet werde, sei im EnLAG klar geregelt. Die Krefelder Trasse gehöre nicht dazu. Außerhalb der vier Testgebiete verbiete das Gesetz eine Ausführung als Erdkabel.