Pflege Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft: Neue Gesetze gleich neue Probleme

Die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft befürchtet, dass die neuen Regelungen die betroffenen Patienten überfordern.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Seit einigen Monaten gibt es neue Gesetze, die die Leistungen für psychisch Kranke, Behinderte und Pflegebedürftige regeln. Bei der Jahreshauptversammlung der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG) ging es am Mittwoch im Altenheim Saassenhof um die Vor- und Nachteile der neuen Gesetze und die Auswirkungen auf die betroffenen Krefelder. „Es gibt sowohl Chancen als auch Risiken“, sagte Dr. Andreas Horn. Der Direktor der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie des Krankenhauses Maria-Hilf und Sprecher der PSAG nannte verschiedene Gesetze und Beispiele für Änderungen.

Laut Horn sollen nach dem Vergütungs- und Versorgungsgesetz (VVG) die Leistungen darauf abgestellt werden, dass Hilfen verstärkt in der eigenen Wohnung statt stationär erfolgen. Nach dem Landespsychiatrieplan NRW sollen die Betroffenen und deren Angehörige mehr in die Entscheidungen der Maßnahmen eingebunden werden.

Vor allem bei Zwangseinweisungen sehe das Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) als Folge der UN-Behindertenkonvention mehr Rechte für die Betroffenen vor. So seien Zwangseinweisungen nur noch in Notsituationen mit richterlicher Genehmigung möglich, wobei üblicherweise ein Sachverständiger hinzugezogen werde. In der bisherigen Praxis seien die Forderungen der Angehörigen nach drastischen Maßnahmen wesentlich restriktiver als die der Profis, berichtet Horn. Auch die Nachsorge für Kranke nach der Entlassung aus der Klinik sei in einem Rahmenvertrag neu geregelt.

Einer der Auslöser der vielen Gesetzesänderungen sei das Bundesteilhabegesetz, das das Recht behinderter Menschen auf ein selbstbestimmtes Leben berücksichtigt. Das Präventionsgesetz, das die Gesundheit im Lebensumfeld fördern soll, soll laut Horn weitere Krankenhausaufenthalte verhindern. „Viele der Gesetzesänderungen sind sehr sinnvoll“, betont Horn. Und sie haben den gemeinsamen Nenner, den Willen der Betroffenen mehr als bisher zu berücksichtigen.“ Dies sei als vertrauensbildende Maßnahme zu begrüßen. Außerdem seien jetzt mehr Personen leistungsberechtigt — auch vermögendere Menschen.

Ein Pferdefuß sei, dass die Maßnahmen nicht mit mehr finanziellen Mitteln verbunden seien, kritisiert Horn. Das beklagt auch Susann Kornack, Leiterin des Marienheims und des Altenheims Saassenhof. „Für die Leistungen ist auch mehr Personal nötig“, fordert sie. Sie befürchtet, dass nur noch nach Katalog abgerechnet wird. „Wo bleibt die Zeit für ein unterstützendes Gespräch, wer hilft bei Kontakt- und Alltagsproblemen?“ Ähnliche Befürchtungen hegt Volker Spornhauer, Leiter des Wohnhauses St. Peter für geistig und mehrfach behinderte Menschen. Begrüßenswert sei der Grundsatz „ambulante vor stationärer Pflege“. Wenn aber die Leistungen mehr und mehr von öffentlichen Trägern zu externen Dienstleistern verlagert werden sollen, bleibe die Teilhabe auf der Strecke.

„Es ist nicht unser Ziel, die Betroffenen bis auf ein bis zwei ambulante Kurzbehandlungen den ganzen Tag allein zu lassen“, bekräftigt Caroline Frank-Djabbarpour. Die Geschäftsführerin des Katholischen Vereins für soziale Dienste verweist auf die Gefahr, dass nur die Pfiffigen und fitten älteren Menschen von der Selbstbestimmtheit profitieren. Die anderen drohten, ohne Hilfe von Angehörigen im Leistungsdschungel unterzugehen. Die PSAG-Mitglieder waren sich einig, dass ein Wegweiser durch diesen Dschungel eine der vordringlichen Aufgaben ist. „Uns Profis fällt es doch schon schwer, alles zu verstehen“, gesteht Kornack. Viele Betroffene seien schlicht überfordert.