Streit um das WZ-Interview Ralph-Harry Klaer: „Blondin soll sich entschuldigen“

SPD-Chef reagiert befremdet auf die Attacken der CDU-Spitze gegen Halide Özkurt.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Ralph-Harry Klaer ist gerade einen Tag aus dem Urlaub zurück, da muss er in die Bresche springen für seine SPD. Der Streit um das WZ-Interview seiner Partei-Genossin Halide Özkurt droht zu eskalieren. Klaer möchte die Wogen glätten, zum einen. Zum anderen kritisiert er sein Pendant bei der CDU, Marc Blondin, scharf.

Herr Klaer, es scheint, als spalte die Türkei-Krise die Sozialdemokraten im Land. Woran liegt’s?

Klaer: In der Führung der SPD gibt es eine sehr feste Meinung zu den Vorgängen in der Türkei. Dazu haben sich Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier bemerkenswert klar geäußert. Deutlicher als die anderen Regierungsparteien, die sich nicht so einig sind.

Parteichef Gabriel wirft Erdogan einen absolutistischen Machtanspruch vor, in Köln meldet ein Hagener SPD-Mitglied die Pro-Erdogan-Demo an. Wie passt das zusammen?

Klaer: Ich halte das nicht für eine Aktion der Basis der SPD, sondern für den Antrag eines Bürgers, der auch SPD-Mitglied ist. Nach meinem Wissen war die Demonstration in Köln keine Parteiveranstaltung der SPD und fand auch nicht mit massiver Unterstützung von Sozialdemokraten statt.

Die SPD ist traditionell die Partei türkischstämmiger Mitbürger, die sich in Deutschland politisch engagieren wollen. Die SPD hat zuletzt sogar zum Iftar eingeladen. Wie wird das Thema innerhalb der Partei diskutiert?

Klaer: Wir diskutieren die Ereignisse in der Türkei intensiv. Nicht erst seit dem Militärputsch. Alle sollten weniger übereinander und mehr miteinander reden. Da viele unserer Mitglieder türkische Wurzeln haben, gibt es in der SPD sehr gute Voraussetzungen für diese Gespräche. Vertrautheit hilft zum Verstehen mehr als Distanz. Deshalb laden ja unsere muslimischen Genossen schon lange zum Iftar ein. So schafft man Vertrauen für offene Aussprache, die zu mehr Verständnis bei Allen führt.

Und wie steht der Chef der SPD Krefeld persönlich zum Türkei-Konflikt?

Klaer: Kritik an der türkischen Regierung ist etwas anderes als Kritik an ,den Türken’. Das ist ein wichtiger Grundsatz. Ich habe den Eindruck, dass es in der Türkei zu einer tiefen Spaltung der Gesellschaft gekommen ist. Die erfreulichen Schritte hin zur Demokratie, die bis vor wenigen Jahren in der Türkei gemacht wurden, werden offensichtlich von vielen Seiten abgebaut. Der Putschversuch in der Türkei hat diese Entwicklung anscheinend weiter beschleunigt. Hier gilt es glaubwürdig und wirksam die Demokraten zu unterstützen.

Halide Özkurt steht unter Dauerbeschuss durch die CDU. Erst forderte Ratsfrau Britta Oellers eine klare Distanzierung von Erdogan, jetzt geht CDU-Vorsitzender Blondin noch einen Schritt weiter. Özkurt habe nichts im Rat zu suchen, wenn sie der Türkei die Rechtsstaatlichkeit zuschreibt. Wie ordnen Sie das ein?

Klaer: Ich finde es unglaublich, dass Frau Oellers und Herr Blondin solche Äußerungen über Frau Özkurt verbreiten. Sie tun das nicht im Gespräch mit ihr, sondern über die Zeitung. Das ist ein ganz schlechter Stil. Frau Özkurt ist gewähltes Mitglied des Rates. Wer dem Rat angehört, wird von unseren Bürgern bestimmt, nicht von den Parteivorsitzenden. Dies sollte jedem Demokraten — auch in Deutschland — selbstverständlich sein. Mir ist keine Verfehlung bekannt, die eine solche Forderung rechtfertigen könnte. Herr Blondin sollte für diese Entgleisung Frau Özkurt um Entschuldigung bitten.

Özkurts Aussagen können zum Problem für die SPD Krefeld werden. Verträgt sich ein politisches Amt mit der Sprecherfunktion für eine religiöse Vereinigung?

Klaer: Wir haben die Verbindung zwischen religiösen Amtsinhabern und Politik sehr oft positiv erlebt. Beispielsweise Pfarrer Albertz bei der SPD. Ich finde es auch normal, dass eine große Partei wie die CDU ein christliches Bekenntnis in ihrem Namen trägt. Religion und Politik sind also keine widerstrebenden Komponenten. Der Papst hat sich in den vergangenen Tagen sehr gut zu Verfehlungen in Religionsgemeinschaften geäußert. Diese Demut, die der Papst dabei gezeigt hat, würde ich mir von der Krefelder CDU-Führung auch wünschen.