Stationen voll RSV, Grippe und Co.: Helios-Kinderklinik in Krefeld stark belastet – „verschärfte Lage“
Krefeld · RSV, Grippe, Corona: In vielen Kinderkliniken in NRW ist die Situation angespannt – auch in Krefeld am Helios. Was das Krankenhaus zur Lage sagt.
In vielen Kinderkliniken in NRW ist die Situation aufgrund vermehrter Erkrankungen von Kindern angespannt, auch in Krefeld am Helios-Klinikum: „Sowohl die Kinderintensivstation als auch die normalen Kinderstationen sind voll belegt“, erklärte Julia Dubois, Referentin Unternehmenskommunikation, unserer Redaktion am Freitag.
Derzeit seien zwei Erkrankungswellen feststellbar, erklärte der Sprecher der Düsseldorfer Universitätsklinik, Tobias Pott zuletzt: „Eine RSV-Infektionswelle, die vor allem die ganz Kleinen im ersten Lebensjahr trifft, sowie eine Grippewelle, die vornehmlich den Kindern bis ins Grundschulalter massiv zu schaffen macht.“
Helios in Krefeld: Eltern und Kinder müssen in der Notaufnahme teils mit langen Wartezeiten rechnen
Auch bei der Helios-Kinderklinik in Krefeld werden nach den Angaben nicht nur Kinder mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) behandelt, sondern unter anderem auch mit Influenza und dem Coronavirus. „In den Wintermonaten ist stets mehr Betrieb als im Sommer, aber dieses Jahr zeigt sich eine verschärfte Lage, da auch das Personal selbst und deren zu betreuenden Kinder von Krankheit stark betroffen sind“, so Helios-Sprecherin Julia Dubois weiter.
Aktuell müssen Eltern mit ihren Kindern auch in Krefeld in der Notaufnahme mit teils langen Wartezeiten rechnen.“Mindestens zwei Stunden“, es könnten aber auch fünf Stunden und mehr werden.
Aufgrund der Belastung kooperiere das Helios in Krefeld mit „sämtlichen Kliniken in NRW“, um nach Lösungen zu suchen und die Kinder bestmöglich versorgen zu können. Von langen Wartezeiten in den Notaufnahmen berichteten zuletzt auch weitere Kliniken in NRW.
Im Rheinland seien phasenweise „alle Betten komplett voll“, konstatierte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und Direktor der Kinderklinik im Universitätskrankenhaus Köln, Jörg Dötsch. Sechs bis sieben Stunden Wartezeit in der Notaufnahme seien ebenfalls keine Seltenheit. Dass das eine sehr belastende Situation für die Familien der kleinen Patienten und Patientinnen ist, sei keine Frage. „Es ist sehr unangenehm, wenn Kinder und ihre Familien in der Notaufnahme quasi campieren müssen“, sagte Dötsch.
Die aktuelle Situation sei eine extreme Belastung für alle Seiten, betonte Dötsch. Von einer Katastrophenmedizin sei man allerdings weit entfernt: „Wir müssen nicht über Leben und Tod entscheiden.“
Erkrankungen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) verlaufen meist harmlos. Insbesondere bei vorerkrankten Kindern könne eine Infektion so schwer verlaufen, dass sie in eine Klinik eingewiesen werden müssen, sagte Heymut Omran, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Münster. Gerade bei Säuglingen und Kleinkindern können lebensbedrohliche Zustände eintreten. Auch ein langer Krankentransport könne je nach Zustand des erkrankten Kindes bedrohlich sein, sagte Omran. In Münster sei man allerdings bereits gezwungen gewesen, Kinder bis ins Ruhrgebiet zu verlegen, weil alle Betten belegt waren.
Kinder- und Jugendarzt Axel Gerschlauer vom BVKJ Nordrhein sieht derzeit zwei Probleme: Die verfrühte und ungewöhnlich starke Infektionswelle mit viralen Atemwegserkrankungen und einen politikverschuldeten Mangel an pädiatrischen Krankenhausbetten. Es sei frustrierend und mache wütend, dass die Warnungen aus der Branche jahrelang als das typische Arzt-Gemecker abgetan worden sei, beklagte Gerschlauer. „So unglaublich das für Deutschland ist, aber die ambulante und stationäre Versorgung ist für Kinder nicht mehr gesichert. Kinder haben eben keine Lobby und die Kinderheilkunde dadurch auch nicht.“
Angesichts der schwierigen Lage auf den Kinderstationen von Krankenhäusern hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Verlegung von Personal aus anderen Bereichen angekündigt. „Wir werden Personal aus den regulären Erwachsenenstationen in die Kinderstationen verlegen“, sagte Lauterbach am Donnerstag. Dabei gehe es insbesondere um Pflegekräfte. Um dies zu ermöglichen, bat Lauterbach die Krankenkassen, vorübergehend die Personaluntergrenzen nicht mehr zu überprüfen. Lauterbachs Ministerium verwies zudem darauf, dass für die Krankenhausplanung die Länder zuständig sind.
Die Nachrichten von überfüllten Kinderpraxen und Kinderstationen in Krankenhäusern seien „sehr besorgniserregend“, sagte Lauterbach. Derzeit stünden in Deutschland „weniger als hundert Intensivbetten für Kinder noch zur Verfügung“. Und es sei absehbar, dass die Welle mit Erkrankungen insbesondere durch das RS-Virus noch nicht zu Ende sei.
Gleichzeitig gebe es aber „keine Hinweise darauf, dass die Erkrankung schwerer verläuft als sonst“, betonte Lauterbach. Durch einen Nachholeffekt infolge der Schließung von Kindertagesstätten während der Corona-Pandemie kämen aber „jetzt sehr viele Kinder zum ersten Mal mit diesen Viren in Kontakt“.
Lauterbach kündigte deshalb an, dass auch die Möglichkeit der elektronischen Krankschreibung bei Kinderärzten ab sofort fortgeschrieben werde. Damit könnten Eltern bei Erkrankung ihres Kindes zu Hause bleiben und trotzdem den Anspruch auf Krankengeld behalten.