Satire Bitterböse Satire im Schlagzeilenformat
Das Internetmagazin „Der Postillon“ erobert auch offline die Bühne. In der Kulturfabrik beanspruchten Thieß Neubert und Anne Rothäuser die Lachmuskeln des Publikums.
Am Sonntagabend geht es in der Kulturfabrik Schlag auf Schlag: Im Stakkato von Schlagzeilen, Kurznachrichten und Kommentaren hauen die Originalsprecher der Postillon-Video- und Radionachrichten, Anne Rothäuser und Thieß Neubert, dem Publikum in der fast ausverkauften Kulturfabrik die News nur so um die Ohren. Auf einer riesigen Leinwand laufen dazu passende Videos mit Bildern und Texten, die den Abend zu einem kurzweiligen Showspektakel machen.
Die 90 Minuten Programm sind gespickt mit erfundenen Nachrichten voller Humor bis hin zu bösartiger Satire – quer durch alle Themen, die das Internetmagazin sonst online anbietet. Die Darstellung erinnert an eine Mischung aus Tagesschau und Heute Show.
Die höchste Reichweite
im Social-Media-Bereich
Das Satiremagazin erfreut sich mit allein 2,5 Millionen Facebook-Fans großer Beliebtheit, auf der Webseite sind es noch ein paar Millionen mehr. Es hat die höchste Social-Media-Reichweite unter diversen Nachrichten-Portalen. Nur, dass man den Inhalten nicht glauben darf. Dennoch werden immer wieder Nachrichten als richtig kolportiert, was dazu führt, dass selbst Politiker sie mitunter für bare Münze halten. Zum Beispiel hielt AfD-Politikerin Beatrix von Storch die Meldung über eine europäische Nationalmannschaft für so authentisch, dass sie Bundeskanzlerin Angela Merkel vorwarf, die Nationalmannschaft und die EU-Nationalstaaten abschaffen zu wollen.
Satirische Selbstdarstellung
im Reich der Fake News
Das Internet-Magazin gibt es seit 2008. Seit 2017 tourt die Liveshow über Deutschlands Bühnen. Wenn die Macher dabei verkünden, nach 172 Jahren mit ehrlichen, unabhängigen und schnellen Nachrichten auf die Bühne zu kommen, dann gehört diese satirische Selbstdarstellung ebenso in das Reich von Fake News wie alle anderen Meldungen.
So unterhielten Rothäuser und Neubert die Zuschauer in der Kulturfabrik zu deren (Schaden-)Freude mit Wortspielen und Scheinwahrheiten aus allen Themenbereichen des Alltags. Beispiel Politik: „Das Bundesverfassungsgericht fordert mehr Transparenz bei der Finanzierung von Parteien und Politikern. Die Abgeordneten müssen ab sofort die Logos ihrer Sponsoren gut sichtbar auf der Kleidung tragen – wie beim Motorsport.“
Oder aus der Gesellschaftspolitik: „Ein elfjähriger indischer Näher wird von seinen Kollegen gemobbt, weil er keine Markenkleidung näht, sondern für Primark arbeitet.“ Fantasievoll auch die Bebilderung, etwa eines Kamels mit Burka zu der Meldung, dass jetzt im Orient auch weibliche Tiere eine Burka tragen müssen.
Vorsicht: Frauen sehen nach der Geburt schon mal anders aus
Kopfkino löst die Nachricht aus, dass nach der Geburt nicht etwa ihr Säugling, sondern die Mutter selbst in der Klinik vertauscht wurde. Dem Ehemann sei das erst Wochen später aufgefallen. „Frauen sehen nach der Geburt schon mal anders aus.“ Bösartig kommt die Satire bei Bildern von Flüchtlingen in einem Rettungsboot mit Haustieren daher: „Seitdem Hunde und Katzen in den Booten eingesetzt werden, wurden die Rettungsfahrten wieder intensiviert.“ Der Gipfel in dieser Kategorie: „Ein amerikanischer Polizist hat einen farbigen Autofahrer weder verprügelt noch erschossen. Man rätselt über seine Motive.“
Natürlich darf auch Fake-News-Spezialist Donald Trump nicht fehlen. Weil er den Mauerbau zu Mexiko nicht hinbekommt, wird ihm das Ikea-Modell Börder Wall angeboten – ein günstiger Selbstbaukasten mit nur einem Imbusschlüssel. Auch Krefeld bekommt sein Fett weg: „Krefeld richtet jetzt eine Seniorenklappe ein.“
Wenn die Sprecher mit vollem Ernst die Meldung verlesen, dass der Kölner Dom um 360 Grad heimlich gedreht wurde und jetzt überlegt wird, ihn zurückzudrehen, aber man nicht weiß, ob im oder gegen den Uhrzeigersinn, treiben Blödsinn und Komik fröhliche Urständ. Das sieht auch das Publikum so und erhält für seinen Applaus Zugaben.