Krefeld Schläge in der U 76 — Keine Chance für Zivilcourage
Ein Zeuge beobachtet eine Prügelei in der Bahn. Als er die Polizei alarmiert, reagiert diese nach seinen Angaben nicht.
Krefeld. Wer etwas öffentlich machen will, der muss in Zeiten von sozialen Netzwerken einfach Facebook öffnen und lostippen. So hat es auch ein junger Mann gemacht, der am frühen Morgen des 11. September Zeuge einer Straftat geworden ist.
Er beobachtet, wie ein Mann in der U 76 Richtung Krefeld von einem anderen Mann erst massiv beschimpft und später ins Gesicht geschlagen wird. Scheinbar kennen sich Täter und Opfer nicht. Der Täter soll dem Mann mit den Worten „Dann schlage ich dich tot!“ gedroht haben. Nachdem der Angreifer dem Opfer eine heftige Ohrfeige verpasst, soll er den Zug verlassen haben. Der Zeuge hatte ihn zuvor heimlich mit dem Handy fotografiert. Unmittelbar danach verständigt er nach eigenen Angaben die Polizei, schildert den Vorfall und nennt die Haltestelle, an der der Täter ausgestiegen ist.
Doch die Polizei sei nicht aktiv geworden, der Beamte am Telefon habe lediglich gesagt, das Opfer solle sich auf der Krefelder Wache melden und Anzeige erstatten. Zudem habe der Polizist auf die Kameras in der U76 verwiesen. „Ich bat, dass doch bitte eine Streife rauskommen soll, um den Täter zu suchen. Er wiederholte, dass das Opfer auf die Wache kommen soll und legte einfach auf“, schrieb der Zeuge auf Facebook.
Das Opfer habe nach dem Vorfall mitgenommen gewirkt, wollte aber keine weitere Hilfe in Anspruch nehmen und verließ die Bahn einige Haltestellen später. Was ist Zivilcourage wert, wenn die Polizei solch einen Vorfall angeblich nicht ernst nimmt und nicht sofort handelt? In einer Stellungname erklärt die Krefelder Polizeikommissarin Katrin Wentker, dass die Polizei im Normalfall einschreitet, sobald sie Kenntnis von einer Straftat bekommt. Dementsprechend hat sich der Beamte nach Schilderungen des Zeugen nicht korrekt verhalten. Wentker: „Wir haben den Sachverhalt an die zuständige Stelle intern weitergeleitet. Diese prüft den Sachverhalt.“
Für eine Auswertung des Videomaterials im Zug dürfte es inzwischen zu spät sein, das Bildmaterial wird aus Datenschutzgründen nach spätestens 72 Stunden überschrieben. Der Zugbetreiber Rheinbahn wertet das Videomaterial ohne Anlass nicht aus, erklärt Eckhard Lander, Pressesprecher von Rheinbahn.
Auch der Fluchtweg des Täters hätte möglicherweise nachverfolgt werden können, die Zugumgebung ist teils Kameraüberwacht. „Zum Beispiel die Tunnelrampen, verschiedene Haltestellen, alle U-Bahnsteige, aber auch Haltestellen an der Oberfläche“, so Lander. Bei Notsituationen im öffentlichen Raum empfiehlt die Polizei: „Wählen Sie den Notruf. Helfen Sie, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Reagieren Sie als Erster und machen Sie andere gezielt auf die Straftat aufmerksam. Beobachten Sie genau und prägen Sie sich die Tätermerkmale ein. Kümmern Sie sich um das Opfer. Stellen Sie sich als Zeuge zur Verfügung.“