Polizei und Kirchen starten Aufklärungskampagne Schockanrufe: Kirche warnt vor „falschen Propheten“

Krefeld · Zusammen mit der Krefelder Polizei startet jetzt ein Aufklärungsangebot zu Schockanrufen und Enkeltricks in mehreren Stadtteilen.

Immer wieder werden zumeist Senioren am Telefon Opfer von Betrügern. In ökumenischer Verbundenheit wollen Krefelder Gemeinden aufklären.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der Fall sorgte vor wenigen Tagen für Fassungslosigkeit: Eine 79-jährige Krefelderin hatte einen fünfstelligen Geldbetrag bei einer Bank am Ostwall abgehoben. Später meldete sich ein angeblicher Polizist bei ihr und erklärte, dass es sich um Falschgeld handeln würde. Sie solle das Geld gegen 18 Uhr vor ihr Haus an der Weberstraße legen und nicht mehr aus dem Fenster schauen. Wenig später war die Frau um einen hohen Geldbetrag ärmer.

Was in vielen Einzelfällen häufig nach entsprechenden Schockanrufen, Polizei-, Enkeltricks oder anderen Facetten dieser Betrugsmasche womöglich schwerer wiegt: Eine große Scham beim Opfer, Selbstvorwürfe und Schuldgefühle, die durch die Kinder der Betroffenen häufig noch verstärkt würden. „Wie konntest du nur so leichtgläubig sein“, gibt Kriminalhauptkommissar Jörg Grothus eine nicht seltene Reaktion der Angehörigen wieder. Zurück bleibt neben dem finanziellen Schaden also häufig auch ein seelischer Scherbenhaufen in der Familie.

Damit es nicht so weit kommt, wendet sich die Polizei immer wieder mit den aktuellen Fällen an die Medien und gibt Hinweise, wie sich potenzielle Opfer schützen können. Doch das ist nicht so leicht, wie Grothus, der bei der Krefelder Polizei mit dem Schwerpunkt „Seniorenprävention“ Aufklärungsarbeit leistet, erklärt: „Die wenigsten Betroffenen sagen uns nach einem Betrug, dass sie noch nie etwas von derartigen Fällen gehört haben.“ Viele tappen dennoch in die Falle, weil die sogenannten Schockanrufe, die derzeit überhandnehmen würden, eine hohe seelische Belastung insbesondere bei älteren Menschen auslösten. Es gehe zumeist um einen sehr nahen Angehörigen, der in einer Notsituation stecke. Grothus: „Es ist in dem Moment des Anrufs nur noch die Sorge da. Da denken die Opfer am Telefon nicht an einen Betrug. Sie sind gefangen in der Situation.“ Bei Tricks, in denen falsche Polizisten und Bankmitarbeiter eingebunden würden, werde zudem mit autoritären Strukturen gearbeitet – auch wenn angebliche Staatsanwälte eingebunden würden. Misstrauen ist angebracht, doch wie noch halbwegs rational bleiben, bei dem Kummer?

Bergpredigt warnt vor
„falschen Propheten“

Jetzt wollen die Kath. Pfarrgemeinde St. Nikolaus Uerdingen, die Ev. Kirchengemeinde Uerdingen und die Ev. Kirchengemeinde Krefeld-Nord (Pius-Lukas-Kirche und Thomaskirche) dabei helfen, die Krefelder zu sensibilisieren. Auf die Beine gestellt wurde die Aufklärungskampagne von Andreas Büttner von der katholischen Pfarrei St. Nikolaus und Norbert Sinofzik, Bevollmächtigter der evangelischen Kirchengemeinde Uerdingen. Wie in der Bergpredigt des Neuen Testaments solle nun vor „falschen Propheten“ gewarnt werden – in ökumenischer Verbundenheit.

Der Polizei ist diese Zusammenarbeit sehr wichtig, da sie hofft, an den insgesamt drei Terminen (siehe Kasten) an insbesondere ältere Menschen heranzukommen, mit denen sie sonst nicht ins Gespräch kommt. Zwei einfache Tipps, wie derartige Betrugsfälle verhindert werden können, gibt die Polizei immer wieder: Die Rufnummer aus dem Telefonbuch streichen lassen und immer erst den Anrufbeantworter anspringen lassen.

Wie dringend weitere Aufklärung ist, zeigen die aktuellen Zahlen: In den ersten drei Monaten des Jahres gab es in Krefeld neun vollendete Betrugsfälle mit einem Gesamtschaden in Höhe von 183 000 Euro.