Schwangerennotruf: Anonyme Anrufe in aussichtsloser Lage
Der Krefelder Schwangerennotruf besteht seit drei Jahren und zieht jetzt Bilanz: „Wir erreichen die angestrebte Zielgruppe.“
Krefeld. Die 15-jährige Schülerin wendet sich mitten in der Nacht an den Schwangerennotruf. Sie ist völlig aufgewühlt und zu ängstlich, den Eltern zu offenbaren, dass sie ein Kind bekommt. Die qualifizierte Beraterin schafft es, das Mädchen aufzufangen und lädt es zu einem persönlichen Gespräch am nächsten Morgen ein.
"80 Prozent unserer Anrufer melden sich anonym; diese Namenlosigkeit bleibt auf jeden Fall gewahrt", sagt Jan Wolf, Leiter der evangelischen Beratungsstelle der Diakonie, und bezieht die anderen Institutionen, die sich für den Schwangerennotruf stark machen, mit ein. Es sind dies donum vitae, pro familia, Rat und Hilfe, die Telefonseelsorge und die Krisenhilfe. Jetzt zogen sie erstmals - drei Jahre nach Gründung des Notrufes - vor der Gesundheitskonferenz Bilanz.
Es gab in dieser Zeit 305 Kontakte, fast durchweg per Telefon, wenige per E-Mail. Davon wurden 130 als ernste Fälle registriert. Viele benötigten allgemeine Informationen oder äußerten Beratungsbedarf. Übrig blieben zehn Prozent von Kontaktsuchenden, die sich selbst subjektiv in einer "aussichtslosen Lage" sahen und denen geholfen wurde. Wolf: "Die relativ geringe Zahl ist ein Beleg dafür, dass wir die angestrebte Zielgruppe erreichen. Wir sind damit sehr zufrieden."
Krefeld hat mit dem Schwangerennotruf eine Alternative zu der auch als Problemlösung vorgeschlagenen "Babyklappe" umgesetzt. Die Verantwortlichen der angeschlossenen Einrichtungen sehen nach der nun vorgelegten Bilanz ihre Entscheidung bestätigt und überzeugten die Gesundheitskonferenz, sich gegen die "Babyklappe" und die anonyme Geburt zu positionieren. Insbesondere widerspreche die "anonyme Geburt" dem Grundgesetz und der UN-Kinderrechtskonvention sowie dem Persönlichkeitsrecht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung.
Erste wissenschaftliche Untersuchungen würden auch darauf hindeuten, dass das Angebot der "Babyklappen" ihre Zielgruppe verfehle, denn die mittlerweile bundesweit 93 Klappen hätten nicht zu einer Senkung der Zahl der Aussetzungen und Kindstötungen geführt.
Mit Flyern und Broschüren wirbt der Schwangerennotruf in Schulen und Jugendeinrichtungen. Außerdem werden in Bussen und Bahnen die Kontaktadressen kommuniziert.
"In einigen Wochen werden auch die neuen Straßenbahnen die Aufkleber tragen", so Wolf. "Es ist wichtig, dass die Menschen das Angebot in Alltagssituationen stets vor Augen haben."