Tarifausstieg Siempelkamp-Belegschaft hält zusammen
Chef-Etage stellt Pläne für Tarifausstieg und Azubi-Stop vor. Mitarbeiter organisieren sich verstärkt in der Gewerkschaft.
Krefeld. Die Stimmung bleibt angespannt beim Maschinenbauer Siempelkamp im Stadtteil Inrath. Immerhin: Der Gesamtstellenabbau kann um 20 Stellen auf 330 reduziert werden. Das erklärt Geschäftsführer Hans Fechner bei der Betriebsversammlung der Unternehmensbereiche Maschinen- und Anlagenbau, Maschinenfabrik und Logistik und Service vor gut 700 Kollegen. Trotzdem wird das Unternehmen weiter prüfen, ob es aus dem Flächentarif aussteigt. Und eine befriedigende Aussage zur Ausbildung bei Siempelkamp gibt es auch nicht. 2017 bleibt, Stand jetzt, azubifrei.
Betriebsratsvorsitzender Ralf Siewert ernüchtert dieser Punkt. Aber er sagt auch: „Wir geben nicht auf und es ist ja auch nicht so, als pflegten wir keine Gesprächskultur. Wir suchen weiter nach einer Lösung, daran ist auch der Arbeitgeber interessiert.“ Natürlich aus einer anderen Perspektive. Teilnehmer berichten, dass Fechner sich immer darüber ärgere, dass der Arbeitgeberverband bei den zurückliegenden Tarifverhandlungen schlecht verhandelt habe. Seinen Antrag auf Tarifabweichung, sprich die Verweigerung einer Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro, hatten die Siempelkamp-Mitarbeiter seinerzeit via Gewerkschaft abgelehnt.
Letztere zeigt sich in Person von DGB-Vorsitzenden Ralf Köpke selbstbewusst. Auch wenn er am Donnerstagnachmittag nach der Betriebsversammlung nicht von „Krawall-Stimmung“ unter der Belegschaft berichten kann. „Dass die Ausbildungen ein Jahr ausgesetzt werden sollen, müssen wir als Gewerkschaft kritisieren“, sagt Köpke, der auch bei der IG-Metall aktiv ist. Denn: „Nach Betriebsvereinbarung muss es jedes Jahr zehn Auszubildende geben.“ Das sei bindend und werde jetzt geprüft.
Auch wenn es bei der Betriebsversammlung ruhig geblieben sei geht Köpke davon aus, dass auch nach der WZ-Berichterstattung Mitte Oktober der Druck auf die Geschäftsführung gestiegen ist. Und offensichtlich gleichermaßen auch der Zusammenhalt in der Belegschaft. 100 neue Mitglieder habe die IG-Metal laut Döpke aus den Reihen der Siempelkamp-Belegschaft allein in den vergangenen Wochen hinzugewonnen. Ein Anzeichen: Am Donnerstag tragen einige Mitarbeiter, die hier ihre Ausbildung gemacht haben, T-Shirts mit dem Aufdruck „Made by Siempelkamp“.
„Das ist ein ganz schöner Batzen“, sagt der DGB-Vorsitzende und verspricht: „Wenn es zu einem Haustarif kommen sollte, wird er die gleiche Qualität haben wie der Flächentarif — dafür werden wir sorgen.“ Die Beschäftigten, die frisch aus der Betriebsversammlung kommen, sind ganz unterschiedlicher Stimmung. Einige sehen den Anfang vom Ende, andere geben sich relativ entspannt.
Gründe für gedrückte Stimmung gebe es genug, meint Maschinenbauer Guido Grobelny: „Seit 16 Jahren arbeite ich für Siempelkamp und habe nun gehört, dass die Zahlen für das kommende Jahr ganz gut aussehen. Wenn ich dann die Arbeitsplatzverlegung nach China oder Tschechien miterlebe, fühle ich mich persönlich nicht wertgeschätzt“, sagt er.
Neben der Kritik an den aktuellen Plänen hat vor allem das Vertrauen in die Führungsebene gelitten. „Dass nur für ein Jahr keine Azubis kommen sollen, kann ich mir schwer vorstellen. Das sind Ausreden. Es geht doch wieder nur darum, Ausgaben einzusparen“, beschreibt ein Mitarbeiter aus dem Bereich Service, der angesichts der angespannten Situation lieber anonym bleiben möchte.
Obwohl nicht alle Beschäftigten selbst betroffen sind und die persönliche von der allgemeinen Situation trennen können: „Wenn ein Haustarif eingeführt wird, heißt das noch nicht automatisch, dass mein Weihnachtsgeld oder die Urlaubstage reduziert werden,“ sagt ein Mitarbeiter, der ebenfalls seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
Ein anderer Mitarbeiter ist „relativ entspannt“. „Der Tarifausstieg soll ja frühestens in einem Jahr geprüft werden.“ Wie es tatsächlich am Krefelder Siempelkamp-Standort weitergeht, wird sich wohl erst 2017 zeigen. Der leidgeprüften Belegschaft ist eine Einstellung zu wünschen, wie sie Maschinenbauer Guido Grobelny an den Tag legt: „Ich arbeite gut und verdiene gutes Geld. Wenn man mich hier nicht haben will, gehe ich eben woanders hin.“