Sommer 2012: Schirme sind der große Renner
Alle stöhnen über das schlechte Wetter. Alle? Nein, nicht alle. Es gibt auch Menschen, die sich über den miesen Sommer freuen.
Niederrhein. „Das Schirmgeschäft lebt von schlechtem Wetter“, sagt Franz-Josef Greve, dem das Traditions-Schirmgeschäft Schnitzler in der Krefelder Innenstadt gehört. Die Zahl der Spontankäufe von Taschen- und Stockschirmen, das heißt die Zahl der „Bedarfskäufer“, ist zurzeit deutlich höher als in strahlend sonnigen Zeiten.
Dem Regen kann man bei Schnitzler gutes Tuch am Parapluie entgegenhalten: „Neben unseren klassischen Schirmen achte ich auch immer auf ein fröhliches Sortiment.“ Beim Wunsch nach einem Schirm mit Sonnenmotiv muss aber selbst Greve passen.
Bäcker Werner Keusen aus Mönchengladbach-Eicken gibt zu: „Für uns ist das derzeitige Wetter schon angenehmer.“ Der Grund sind die ohnehin stets hohen Temperaturen in einer Backstube. „Direkt am Ofen sind es teilweise um die 40 Grad“, so Keusen.
Doch froh über den nicht vorhandenen Sommer ist Werner Keusen nicht, wie der 49-Jährige betont: „Ich sitze in meiner Freizeit auch gerne mal in der Sonne.“ Außerdem hat er zwei kleine Mädchen, eines davon im schulpflichtigen Alter — „solche Ferien sind für Schulkinder natürlich traurig“.
„Alles wächst“, sagt Kreislandwirt Paul-Christian Küskens. „Die Landwirte, die auf leichten Böden ackern und kein Getreide haben, die finden das super“, erklärt er dann weiter. Leichte Böden finde man im Grenzland vor allem in Brüggen, Niederkrüchten und Schwalmtal. „In der Gegend um Kempen sind die Böden schwerer, da ist es für einige schon wieder zu nass.“
Den Tieren liege das momentane Wetter recht gut, sagt Küskens. „Rinder bekommen bei Temperaturen über 25 Grad Hitzestress, die mögen es lieber, wie es jetzt ist, Nässe macht ihnen nichts aus.“ Er persönlich würde sich aber auch über etwas wärmeres Wetter freuen.
Dass das Wetter Einfluss auf die Preise für die Verbraucher nehmen könnte, denkt Külkens nicht. „Wir sind nicht mehr nur der Niederrhein, auch nicht nur Deutschland oder Europa“, erklärt er. „Eine Missernte in Übersee könnte ebenso die Preise beeinflussen wie ein guter oder schlechter Sommer für die Landwirtschaft hier.“
Die ersten Tage in den Sommerferien waren regnerisch — und daher für die Kempener Lichtspiele am Buttermarkt sehr erfolgreich. „Das Kino war am Sonntag mit 1100 Besuchern komplett ausverkauft. Es war unerwartet voll“, sagt Theaterleiter Imad Assaf. Zwar sei die aktuelle Film-Palette mit „Spiderman“ und „Ice Age 4“ auch gut bestückt, so Assaf, doch: „Das Wetter spielt die größere Rolle“.
Ein Drittel mehr Tagesgäste als im Juni und Juli 2011 verzeichnet die Saunalandschaft Finlantis in Nettetal. „90 Gäste kommen täglich zu uns“, sagt Betriebsleiter Thomas Lamers, der von dem schlechten Sommerwetter profitiert. Auch das benachbarte Hallenbad sei gut besucht, so Lamers: „Wir bieten ja auch Schnorchelkurse und andere wetterunabhängige Angebote an.“
Auch die Sonnenstudios profitieren von der Schlecht-Wetterlage. „An den regnerischen Tagen ist hier total viel los“, sagt Jasmin Zey vom Sonnenstudio „Mega Sun“ in Mönchengladbach. „Es kommt auch vor, dass die Kunden reinkommen und direkt sagen, dass sie Sonne und Wärme brauchen“, erzählt Zey.
Für die Schornsteinfeger sind die niedrigen Temperaturen derzeit nicht mal so ausschlaggebend. „So lange es trocken ist, komme ich wenigstens überall aufs Dach“, sagt Fabian Peffer aus Nettetal, der als Schornsteinfeger in Meerbusch arbeitet. Wenn es regnet, kann die Arbeit gefährlich werden. „Wenn Dachpfannen mit Moosbesatz da sind, ist das wie Schmierseife. Da darf man nicht hoch.“
In solchen Fällen fragen Peffer und seine Kollegen dann die Kundschaft, ob sie vom Speicher aus arbeiten können. „Da ist es dann aber oft stickig.“ Größer sei derzeit das Problem, zu erkennen, welcher Kunde in Urlaub ist. „Vielleicht sogar vor dem Wetter geflohen“, sagt der Schornsteinfeger schmunzelnd.