Jakobsweg-Pilger: Ich bin dann auch mal weg
Klaus Heidan hat sich von Hape Kerkelings Bestseller inspirieren lassen — der 69-Jährige ist den Jakobsweg entlang gepilgert.
Krefeld. Komiker können einen Menschen auf abenteuerliche Ideen bringen. Als Klaus Heidan vor fünf Jahren Hape Kerkelings Bestseller „Ich bin dann mal weg“ las, dachte er sich: „Das wäre auch was für mich.“ Und der Jakobsweg, einer der berühmtesten Pilgerwege der Welt, ließ ihn nicht mehr los.
Doch den Mut, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, fasste er erst im vergangenen Jahr: „Ich wollte das unbedingt vor meinem 70. Geburtstag machen“, erinnert sich der 69-Jährige. „Auch wenn meine Frau nicht so begeistert war, weil der Weg durchaus schwierig und gefährlich werden kann.“
Allen Zweifeln zum Trotz stürzt sich der Fischelner Anfang 2011 in die Vorbereitungen: Er liest Bücher über den Camino de Santiago, wie der Jakobsweg in Spanien heißt, besorgt sich die passende Ausrüstung und macht eine viertägige Testwanderung zum Pilgerort Kevelaer und zurück. „Da war mir klar: Körperlich werde ich das schaffen“, sagt er. „Es hat sich also ausgezahlt, dass ist fast jeden Tag sportlich aktiv bin.“
Ende Mai macht sich Heidan mit einem Reisebus auf den Weg nach St. Jean Pied de Port, einem beliebten Pilger-Startpunkt im französischen Teil der Pyrenäen. In einem Monat legt er die rund 800 Kilometer bis Santiago de Compostela im spanischen Galicien zurück.
„Ich bin jeden Tag sehr früh aufgebrochen, damit ich auch sicher einen Platz in der Herberge finde“, berichtet Heidan. „Außerdem wollte ich möglichst der Mittagshitze entgehen.“
Die Etappen, die er zurücklegt, sind anstrengend. Der Weg ist zum Teil sehr steinig, oft geht es steil bergauf. „Nach acht bis zehn Kilometern wurden die Beine schwer und ich wusste: Du hast noch einmal mindestens dieselbe Strecke vor dir“, erinnert sich der Krefelder — und kann heute darüber lachen. „An der Herberge angekommen war ich meist total durchgeschwitzt, meine Füße waren geschwollen. Aber am nächsten Morgen kam ich überraschenderweise immer schnell wieder in Trab.“
Belohnt wird Heidan für diese körperlichen Mühen mit unvergesslichen Eindrücken: „Die Landschaft ist wirklich wunderschön: mal karg, mal richtig grün. Von den Bergen überblickt man ganze Täler.“
Auch die sakralen Gebäude, die den jahrhundertealten Pilgerweg säumen, beeindrucken ihn sehr: Doch die prägendsten Erfahrungen sind die zwischenmenschlichen: „Die Begegnung mit Pilgern aus aller Welt war wirklich etwas ganz Besonderes“, sagt Heidan. „Ich habe Menschen von allen Kontinenten kennengelernt.“ Mit den meisten Pilgern verständigt er sich auf Englisch, „manchmal wurden aber auch Hände und Füße bemüht“, erinnert sich Heidan schmunzelnd.
Unterwegs ist er meistens alleine — abends aber nie. Nach dem Essen sitzt er mit den anderen zusammen, unterhält sich, singt und lacht. „Die Menschen, die nach Santiago pilgern, haben unterschiedliche Motive“, sagt Heidan. Die Jüngeren seien meist auf der Suche gewesen — nach dem Sinn des Lebens oder sich selbst. Andere habe eine Krise auf den Camino gebracht oder die sportliche Herausforderung. „Aber alle haben in dieser Zeit sehr viel reflektiert und meist die anderen daran teilhaben lassen. Vielleicht öffnet die spirituelle Komponente des Pilgerns einfach das Herz.“
Diese Offenheit, die Begegnung mit bemerkenswerten Leuten und das Zusammengehörigkeitsgefühl sind die nachhaltigsten Erlebnisse für Heidan: „Der Jakobsweg macht etwas mit den Menschen, er bringt sie einander näher.“