Pilgern unter dem Zeichen der berühmten Jakobsmuschel

Einer der Pilgerwege, die zur Kathedrale von Santiago de Compostela in Spanien führen, verläuft auch über Ratinger Stadtgebiet.

Ratingen. Seit dem 1. März 2006 hat der Spruch „Ich bin dann mal weg“ schon eine andere Bedeutung als „Tschüss, bis später“. Damals war er ein Buchtitel, gehörte zu Hape Kerkeling und nicht mehr zum Familienvater, der gerade mal Zigaretten kaufen wollte. Und seitdem ist auch fast jedem klar, dass sich mit dem Spruch der Abschied-Nehmende auf den Weg nach Spanien macht, um letzten Endes in der Kathedrale von Santiago de Compostela sein Pilgerheil zu komplettieren.

Wer aber weiß schon, dass einer der Pilgerwege quer durch Ratingen geht, unter anderem von Eggerscheidt durch den Hölenderweg über die Ober- und die Bechemer Straße und dann südwärts nach Düsseldorf? Hier und da künden offizielle Zeichen in Gelb und Blau vom Weg, zum Beispiel an der Treppe zum Platz vor der Kirche und Steinernes an der Rosenstraße. In Homberg, in der Kirche St. Jacobus d.Ä., gibt es sogar einen Stempel, mit dem man sich die Rast im Gotteshaus auf dem Weg in die Ferne bescheinigen kann. Von Pilgerherbergen im hiesigen Bereich ist erst mal nicht die Rede. Das feingliedrige Kapillargeflecht von kleinen und kleinsten Pilgerwegen zwischen den großen Straßen ist ziemlich groß, eher städtisch und von vielen Übernachtungsmöglichkeiten gesäumt.

Amtlich anerkannt ist in erster Linie der Camino Francés, jene hochmittelalterliche Hauptverkehrsachse Nordspaniens, die von der französischen Grenze über die Pyrenäen zum vermeintlichen Jakobsgrab führt und die Königsstädte Jaca, Pamplona, Estella, Burgos und León miteinander verbindet. Diese Route, so wie sie heute noch begangen wird, entstand in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts.

Einer der unerschrockenen Pilger auf Haupt- und Nebenwegen ist Heribert Henneman aus Homberg, der insgesamt wohl 4000 Kilometer unter dem Zeichen der Jakobsmuschel mit seiner Frau Heidi und mit möglichst leichtem Gepäck (meist mit elf Kilo im Männer-, mit acht im Frauenrucksack) gepilgert ist.

Und warum wandert man? Hier sind es religiöse Gründe, die Suche nach Gott, der Wunsch nach Vergebung der Sünden, nach Heilung, will ein Gelübde erfüllen; dort möchte man sich sportlich perfektionieren, eigene Grenzen erfahren, seinen Körper stählen, seine Grenzen austesten. Das Erlebnis Pilgerreise ist als Gesamtheit zu empfinden.

Die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe haben mit der Deutschen St. Jakobus-Gesellschaft, der Sankt Jakobusbruderschaft Düsseldorf und dem Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz einen 9. Band der hiesigen Jakobswege herausgegeben.

Der Weg führt von Dortmund nach Aachen. Im Verlauf der dritten Etappe von Essen Werden nach Ratingen-Mitte ist ein Abstecher zur Pilgerstation Ratingen-Homberg beschrieben, allerdings ziemlich kurz. Homberg wurde im Jahr 2013 mit einer Steele als Pilgerstation bestätigt. Und auf der Website der Pfarrkirche St. Peter und Paul, Pfad St. Jacobus, findet sich eine ausführliche Wegbeschreibung nach und von Homberg für Pilger.

Pfiffige Tipps für Erleichterungen bei der Pilgerschaft kann man den ausführlichen Erklärungen von Heribert Hennemann auf seiner Website entnehmen. Er weiß auch, dass die Pilger früher — bevor sie in ihrer Heimat oder gemeinsam von einer Sammelstelle aus aufbrachen, einiges zu erledigen hatten: Sie sollten ihre Schulden bezahlen, ein Testament machen, beichten und eine heilige Messe besuchen. Dann erst wurden sie mit dem Pilgersegen ausgesandt.

Die Strecke kann, von wo auch immer man aufbricht, auch auf bequeme Art und Weise zurückgelegt werden. Wenn man aber mit einer Urkunde die Kathedrale verlassen will, muss ein Stempel bescheinigen, dass man mindestens die letzten hundert Kilometer vor Santiago zu Fuß oder die letzten zweihundert Kilometer per Rad oder Pferd zurückgelegt hat.

Von der Stadt Ratingen ist in den Vorschriften allerdings nichts zu lesen.

pilgerreisen.com