Zu Tisch bei Unbekannten
Rund 60 Mitglieder der Pfarrgemeinde Maria Frieden speisten gemeinsam und bewirteten sich gegenseitig.
Krefeld. Christoph Sauer (32) bittet seine Frau Corinna mutig zu sein: „Du klingelst.“ Beide haben ein Kribbeln im Bauch, schließlich kennen sie ihre Gastgeber nicht. Doch die Neugierde siegt, Corinna Sauer klingelt und Karola Winter (56) öffnet freudig die Tür und bittet das Paar herein.
Die Sauers und Karola Winter sind drei von 60 Gemeindemitgliedern, die an der Aktion „Zu Tisch“ der Katholischen Pfarrgemeinde Maria Frieden teilnehmen.
„Zu Tisch“, das meint: Fremde treffen sich zum Essen. Der Gastgeber kocht ein Drei-Gänge-Menü, die Gäste nehmen jeden Gang an einem anderen Tisch, bei einem anderen Gastgeber innerhalb von Fischeln und Königshof ein. Die Teilnehmer konnten sich als Gastgeber oder Gast anmelden. Wer wen bekocht und wer bei wem am Tisch sitzt, erfuhren sie erst wenige Tage vor dem Abend.
Kaplan Marc Kubella und Gemeindeassistentin Anne Hermanns-Detges hatten die Idee zu dem Projekt und waren damit in der Gemeinde auf offene Ohren gestoßen. „Es war, als hätten alle auf eine solche Möglichkeit des Kennenlernens gewartet“, sagt Hermanns-Detges.
Auch das Ehepaar Reinders hat sich spontan zur Teilnahme entschlossen und war sehr gespannt, was da auf sie zukommen würde. Zu Gast sind unter anderem Daniela (37) und Tobias (31) Dörkes. Sie genießen im Hause Reinders „Speckummanteltes Schweinefilet“ mit Feldsalat. „Köstlich“, schwärmt Daniela Dörkes nach dem Essen. „Der Empfang war sehr herzlich und es war keinen Moment still am Tisch.“
Auch Andreas und Thomas (32) Nilges, ein Zwillingspaar, übernimmt mit Thomas’ Freundin Stefanie Reichardt die Gastgeberrolle. „Wir haben Ratatouille mit Hackfleisch und Reis gekocht“, sagt Reichardt. Die 28-Jährige findet die Aktion super und freut sich, als Zugezogene neue Gemeindemitglieder kennenlernen zu können.
„Ich gehöre zu der Generation, die zu alt für den Jugendgottesdienst ist, Kinder in der Krabbelgruppe habe ich nicht, und für den Seniorentreff bin ich zu jung“, erklärt Reichardt und trifft damit genau den Nerv der Veranstaltung. „Wir wollen Menschen locker zusammenführen und ihnen dann den Weg in die Kirche erleichtern“, so der Kaplan.
Am Ende der drei Gänge treffen sich alle Teilnehmer zu einem kurzen Nachtgebet in der Kirche Herz-Jesu auf der Kneinstraße. „Einige Teilnehmer konnten leider nicht mehr in die Kirche kommen, weil sie kleine Kinder haben oder spülen müssen“, scherzt Marc Kubella.
Nach dem Gebet sind alle noch zu einer Abschlussparty eingeladen. Und da treffen tatsächlich alle Gäste und Gastgeber zusammen. So auch Karola Winter und ihre Freundin Marion Gerner (52), die das zunächst unsichere Ehepaar Sauer mit Vorspeise und Dessert für sich gewinnen konnte. „Das Eis war schnell gebrochen“, sagt Winter, die mitbekommen hatte, dass das Klingeln an der fremden Haustür für einige Teilnehmer Überwindung kostete. Die Aktion, das zeigt das Abschlusstreffen, war ein großer Erfolg. Corinna und Christoph Sauer wären bei einer Neuauflage von „Zu Gast“ gern wieder dabei — dann aber als Gastgeber.