Insterburger - Ostpreußen am Niederrhein

Die neue Heimatstube der Insterburger entsteht im Alten Rathaus. Im Sommer öffnet sie für Publikum.

Krefeld-Uerdingen. Schon seit längerem sieht es im Alten Rathaus am Uerdinger Markt aus wie auf einer Baustelle. Oder genauer: wie bei einem Umzug, der nicht aus den Kisten zu kommen scheint.

Die Wände und Decken des barocken Gebäudes wurden frisch gestrichen und manches andere noch auf den neuesten Stand gebracht, um der Heimatstube der Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt und Land ein neues Zuhause zu geben. Im nächsten Sommer will man mit einer neuen Ausstellung den Krefeldern die deutsche Geschichte Ostpreußens näher bringen.

Einige der Ausstellungsstücke müssen noch hergerichtet werden, und so sorgt die diplomierte Restauratorin Brigitte Hartmann gerade dafür, dass ein Ölgemälde etwas mehr Glanz bekommt. Mit einem Wattetupfer reinigt sie das Bild „Fähre von Nettienen“, das Kurt Grade 1926 malte. Audlind Vohland — zuständig für die historische Betreuung der Heimatstube — hat herausgefunden, dass diese Landschaftsansicht mit dem Fluss Pregel von einem Hobbymaler nach einer Postkarte angefertigt wurde. „Das ist Leidenschaft. Zufall ist Fleiß“, sagt sie zu ihrem Fund.

Das Gemälde ist kein Kunstwerk, aber es besitzt einen großen Erinnerungswert für die Marburger Oberstudienrätin für Deutsch und Theologie im Ruhestand. Seit Jahrzehnten erforscht sie die Geschichte von Insterburg, der Stadt, in der sie 1939 geboren wurde. 1945 floh die Familie mit rund 90 000 Bewohnern der Stadt und des Landes Insterburg vor den heranrückenden russischen Truppen. Während sich die Flüchtlinge im Westen eine neue Existenz aufbauten, hielten sie so weit wie möglich Kontakt untereinander. Die Heimatstuben der Kreisgemeinschaften wurden zu ihren Treffpunkten und Orten der Erinnerung an die verlorene Heimat.

Seit 1955 haben die Insterburger ihre Heimatstube in Krefeld — zunächst auf Burg Linn, dann im Fischelner Rathaus und seit 1979 im Alten Rathaus von Uerdingen. 1953 hatte die Stadt Krefeld die Patenschaft für Stadt und Kreis Insterburg übernommen.

Heutzutage kämpfen diese Heimatstuben, die durch Spenden finanziert werden, ums Überleben. „Die Kreisgemeinschaften, die nur zur Erinnerung zusammenkommen, programmieren ihre Existenz auf ein absehbares Ende“, sagt Vohland. „Dann wirkt das Gesetz der 60 Jahre.“ Das bedeutet, dass die Generationen aussterben, die noch persönliche Beziehungen zu Ostpreußen hatten. Deshalb will sie die Heimatstube für das Publikum öffnen, interessant machen für Schulklassen und Geschichtsvereine. Das soll mit der Neueröffnung im nächsten Sommer realisiert werden.

Ein Problem beschäftigt die Kreisgemeinschaft aber noch. Denn ihr Mietvertrag läuft 2013 aus und die Stadt Krefeld hat bislang noch keinerlei Zusage für eine Verlängerung gemacht.

„Dabei ist Kultur als Standortfaktor doch allgemein wichtig“, führt Vohland an und hofft gemeinsam mit den anderen Insterburgern, dass die Erinnerung an ihre Stadt — heute Tschernjachowsk in der russischen Exklave Kaliningrad — und die deutsche Vergangenheit in Krefeld lebendig gehalten werden.