Uerdinger Klärwerk: Erst schützen und dann trotzdem abreißen?
Die Bezirksvertreter lehnen den Denkmalschutz für die Gebäude des alten Klärwerks ab.
Krefeld-Uerdingen. Denkmalschutz. In dem Wort steckt der Zweck gleich mit drin, sollte man meinen. Doch was passiert, wenn der Denkmalschutz mit der Krefelder Wirklichkeit kollidiert, konnte man jetzt in der Bezirksvertretung Uerdingen erleben. Die Politiker dort sollten einen Beschluss durchwinken, der zwei neue Denkmäler im Stadtteil schafft: das ehemalige Schieberhaus des Uerdinger Klärwerks und das frühere Wohnhaus des Betriebsleiters. Beide gelten den städtischen Fachleuten und dem LVR-Amt für Denkmalpflege als denkmalwürdig. Das Problem allerdings ist, dass die bloße Erwähnung des Klärwerks bei vielen Uerdingern allergische Reaktionen auslöst.
Das „vergessene Denkmal“, wie die WZ zuletzt im Mai schrieb, ist zwar ein Juwel des Jugendstils, doch es gilt als absolut unverkäuflich. Das Gebäude liegt weit ab vom Schuss und hat keine Parkplätze, außerdem sind die giftigen Abwässer, die dort über Jahre geklärt wurden, offenbar tief ins Mauerwerk eingedrungen. Vor allem im Sommer stinkt’s.
Seit 1998 versucht die Stadt erfolglos, einen Investor zu finden: Das 51-seitige Exposé scheint niemanden zu überzeugen. In dieser Zeit wurde am Gebäude nur das Nötigste getan. Das Klärwerk ist, wie Werner Näser (CDU) anmerkt, eine „Ruine größeren Ausmaßes“, vergammelt, verrostet, verschmutzt und verkommen. „Ich kann den Sinn nicht einsehen, jetzt auch noch die Nebengebäude unter Schutz zu stellen“, sagt Näser. „Was bringt das, wenn das ganze Ensemble zusammenfällt?“ Ähnlich argumentiert Burkhard Frohnert (SPD): „Ein Denkmal, das von niemandem wahrgenommen wird, hat keinen Sinn.“
Vor einem „Schildbürgerstreich par excellence“ warnt seine Parteifreundin Angela Schoofs. „Wer das Ding kauft, hat es nicht gesehen.“ Und so entschlossen sich die Uerdinger Lokalpolitiker einstimmig zu einem revolutionären Akt: Sie beschlossen die „nachhaltige“ Empfehlung, die beiden Gebäude nicht in die Denkmalliste einzutragen. Pia Kobylecky vom städtischen Denkmalamt nahm es zerknirscht zur Kenntnis. Aus ihrer Sicht könne man das Gebäude unter Schutz stellen und später trotzdem abreißen — das sei nicht zwingend ein Widerspruch.