WZ-Mobil an der Kaiserswerther Straße: „Die Kinder fahren jetzt Auto“
Fast alle Anwohner sind gegen den Bau einer Spielstraße.
Krefeld. Jenny Balzer ist für den Bau der Spielstraße. Mit diesem Wunsch steht die Achtjährige allerdings ganz alleine da. Sogar ihre Eltern, Manuela und Rudolf Balzer, sind dagegen — genau wie alle anderen Anwohner der Kaiserswerther Straße, die zum WZ-Mobil gekommen sind, um ihre Meinung zu den Plänen der Stadt zu sagen.
Dabei sind Jennys Argumente bestechend einfach: „Ich will mit meiner Freundin Inline-Skaten.“ Ihre Mutter allerdings gibt zu bedenken, dass es gar nicht sicher sei, ob Jenny auf der Spielstraße überhaupt rollschuhfahren dürfe: „Ich weiß nicht, ob der Verkehr dadurch wirklich entschleunigt wird. Das muss ich mir erstmal anschauen, dann werde ich entscheiden.“
Andrea Berkemeyer findet, dass die Kaiserswerther Straße schon jetzt sehr „sehr ruhig“ sei: „Schließlich ist Gellep-Stratum ein Dorf, und auf’em Dorf braucht man keine Spielstraße.“
Hans Kirschge hält den Bau einer Spielstraße aus anderen Gründen für vollkommen überflüssig: „Es gibt hier doch kaum noch Kinder, nur noch Hunde.“ Dass die Kanalrohre verlegt werden müssten, sehe er ja ein, aber deshalb müsse man die Straße im Anschluss doch nicht zu einer Spielstraße ausbauen.
Eine Ansicht, die viele seiner Nachbarn teilen: Für den geplante Kanalisationsausbau haben die meisten Verständnis, für die Anlage einer Spielstraße nicht. Vor allem wegen der Kosten, die sie anteilig, je nach Grundstücksfläche und Geschosshöhe, mitzutragen hätten. Werner Fallacks Zuzahlung wurde mit rund 5000 Euro veranschlagt: „Und das für einen Prachtboulevard, den keiner braucht.“
Olaf Ackermann ärgert sich vor allem über die „katastrophale Planung“. Das Tiefbauamt habe noch nicht mal grundlegende Kenntnisse der Straßenstruktur: „Die sind überhaupt erst auf unsere Aufforderung hin hier erschienen, um die Straße mal zu begehen.“
Anwohner Rolf Gieselmann ärgert sich darüber, dass „die Interessen der Anwohner nicht berücksichtigt werden“. „Die Planung ist völlig überdimensioniert für diese Straße und mehr als überzogen“, sagt er. Mit dem Kanalbau könne man leben, danach solle die Straße einfach wieder in ihren jetzigen Zustand versetzt werden. Es sei nicht verständlich, warum eine Stadt, die kein Geld habe, einen solch übertriebenen Bau durchsetzen wolle, den die Anwohner nicht haben wollen.
Auch seine Frau Hilde Gieselmann engagiert sich gegen den Bau, sie war eine derjenigen, die Unterschriften gegen die Pläne gesammelt haben. „Es haben alle unterschrieben, bis auf ein paar, die im Urlaub waren“, sagt sie. „Das Ganze ist nicht nachvollziehbar. Die Stadtwerke verursachen durch den Kanalbau den Schaden, also sollen die ihn auch wieder reparieren.“
Michael Albers ist ebenfalls von Anfang an gegen den Ausbau der Straße gewesen: „Ich sehe den Sinn darin nicht.“ Ihn ärgert vor allem , dass „hier nicht nach den Wünschen der Anwohner gehandelt wird. Es sind vor vielen Jahren, Fehler gemacht worden, und die sollen wir jetzt bezahlen“, sagt er.
Gerade die Kosten machen Helga Müller Sorgen. „Ich bin Witwe. Diejenigen, die das entscheiden, sollten sich mal fragen, wie alte Leute, die seit 26 Jahren hier leben und noch das Haus abbezahlen müssen, das finanzieren sollen.“ Sie befürchtet, dass die anstehenden Kosten im Falle eines nötigen Hausverkaufs einen potenziellen Käufer abschrecken könnten.
Für Hans Kotulla ist nicht ersichtlich, warum eine Spielstraße gebaut wird. „Damit kommen die 20, 30 Jahre zu spät. Hier gibt es kaum noch Kinder, die Kinder fahren jetzt Auto“, sagt er.
Auch von Oberbürgermeister Gregor Kathstede sind einige Anwohner enttäuscht. Er habe ihnen vor einigen Jahren zugesichert, dass nichts gegen den Willen der Bürger passieren würde. „Die Meinungen der Bürger werden nicht berücksichtigt“, sagt Uwe Graupmann. „Der Bürger wird immer mehr entmündigt.“
Die Anwohner der Kaiserswerther Straße wollen jedenfalls nicht aufgeben, auch wenn für heute bereits die Eröffnung des Ausschreibungsverfahrens für die Bauarbeiten angesetzt ist. Die Hoffnung besteht, dass sich auch danach noch etwas ändern lässt. „Ich habe am 21. November ein Gespräch mit der Stadt, ich hoffe, dass man mir da nicht sagt, dass nichts mehr geändert werden kann“, sagt Karlheinz Menke.
Einige Anwohner ziehen auch die Möglichkeit einer Klage in Betracht. „Wir werden unseren Kampf nicht aufgeben“, sagt Norbert Kreutz. Er hat eine besondere Beziehung zur Kaiserswerther, er lebt dort seit seiner Geburt und ist als Kind auf der Straße rollschuhgefahren: „Damals hätten wir eine Spielstraße gebraucht. Jetzt nicht mehr.“