Segeln: Wende bei Windstärke zwei

Bei einem Schnupperkurs des Segelklubs Bayer Uerdingen können Kinder erste Erfahrungen auf dem Wasser sammeln.

Uerdingen. Niklas motzt leise vor sich hin, während er das Boot segelklar macht: „Der dumme Palstek!“ Das sagt er vor allem zu sich selbst aber Peter Hevelke hat ihn trotzdem gehört. Also hilft er Niklas dabei, den Knoten zu binden.

Hevelke ist Jugendwart beim Segelklub Bayer Uerdingen. Der hat vier Kinder im Alter zwischen acht und zehn Jahren für drei Nachmittage ins Segelzentrum am Elfrather See eingeladen. Dort können sie herausfinden, ob es ihnen gefällt zu segeln. Hevelke: „Das ist ein Schnupperkurs. Um wirklich Segeln zu lernen, ist die Zeit viel zu kurz. Aber die Kinder können ihr Interesse prüfen.“

Die Kinder heißen Anouk, Lulu, Carlo und Niklas. Sie tragen orangefarbene Rettungswesten und hocken in Booten, die nebeneinander auf dem Schwimmsteg liegen. Die Boote sind klein — etwa 2,40 Meter lang und 1,20 Meter breit — und nur mit dem Nötigsten ausgestattet: Schwert, Ruder und Segel. Es sind Optimisten; die klassische Bootsklasse für Kinder.

Die insgesamt sehr leichte Konstruktionsweise dieser Boote schließt eine Bestückung mit Kanonen definitiv aus. Niklas stört das nicht weiter, obwohl er über sein Interesse für Piraten zum Segeln gekommen ist. Der Zehnjährige hat zahlreiche Filme und Bücher zum Thema studiert und sich dabei zwangsläufig auch mit Segelschiffen des 18. Jahrhunderts befasst. Dabei kam er zu dem Schluss, dass er zwar kein Pirat werden möchte — „Ich will nicht geschnappt werden“ — aber gerne einmal mit einem großen Schiff auf dem Meer segeln würde. Da er aber weiß, dass er dafür noch viel lernen muss, segelt er zunächst mit einem kleinen Boot auf dem See.

Niklas, Carlo, Lulu und Anouk steuern einen Kurs, den Hevelke als „Up and Down“ bezeichnet: „Es geht darum, bei Seitenwind rauf und runter zu fahren.“ Der Wind bläst mit ein bis zwei Beaufort aus Südwest, schätzt Hevelke: „Für richtige Segler wäre das zu wenig, aber für die Kinder ist es genau richtig.“

Die segeln schweigend mal neben- und mal hintereinander am Steg entlang. Eine Hand haben sie an der Pinne, um das Ruder auszurichten und eine Hand an der Schot, um das Segel zu bedienen. Das Geradeausfahren bereitet ihnen kaum Probleme, nur der Richtungswechsel gestaltet sich manchmal etwas schwierig.

Um dieses Manöver zu segeln, haben sie zwei Möglichkeiten: Sie können wenden, dann dreht sich der Bug durch den Wind oder sie können halsen, dann dreht sich das Heck durch den Wind. Letzteres aber ist nicht ganz ungefährlich, da dabei der Baum, an dem das Segel aufgespannt ist, sehr schnell umschlagen kann. Deshalb ruft Hevelke, der den kleinen Seglern vom Schwimmsteg aus zuschaut, ständig: „Köpfe runter!“

Die Kinder aber kennen die Gefahr schon und kauern sich beim Halsen so in ihren Booten zusammen, dass der Baum über sie hinweg rauscht. Der einzige Zwischenfall während des Törns ist daher eine Kollision zwischen den Booten von Niklas und Anouk, die aber wegen der geringen Geschwindigkeit glimpflich ausgeht.

Kurz darauf gibt Hevelke das Kommando zum Anlegen — die Praxis ist vorbei, jetzt kommt die Theorie. Auf dem Lehrplan: eine kleine Knotenkunde. Der Jugendwart geht ins Klubhaus, um Leinen zu holen, die vier Kinder setzen sich auf die Terrasse davor. Während sie warten, lässt Carlo eine Tüte mit Weingummi kreisen.

Als Hevelke wieder da ist, murmelt Carlo etwas von „Hausfrauenknoten“. Hevelke scheint diese politisch nicht ganz korrekte Bezeichnung etwas unangenehm zu sein: „Das sagen wir hier nicht!“ Aber dann muss er doch lachen und erklärt den Unterschied zwischen Seemannsknoten und Hausfrauenknoten: „Ein Seemannsknoten hält, lässt sich aber auch gut wieder lösen. Einen Hausfrauenknoten kann man nur mit dem Messer aufmachen.“

Und dann üben sie einen Seemannsknoten, den Hevelke als den „wichtigsten von allen“ bezeichnet: den Palstek. Obwohl Niklas protestiert — „der nervt voll!“ — schnappt auch er sich eine Leine. Zunächst macht er es falsch. Aber dann konzentriert er sich: Er macht die Augen schmal und seine Lippen bewegen sich stumm.

Vermutlich sagt er den Merksatz auf, den er zum Binden des Palsteks gelernt hat: „Die Schlange taucht aus dem See auf, wickelt sich um den Baum und taucht wieder in den See ein.“ Als er fertig ist, betrachtet er skeptisch das Ergebnis. Aber dann schnellt die Hand, in der er den Knoten hält, triumphierend in die Höhe — einwandfrei: es ist ein Palstek.