100 Jahre Martinszugverein: Nach dem Singen gibt es den Weckmann
Vor 100 Jahren zog Sankt Martin zum ersten Mal durch Alt-Bockum.
Bockum. Dass Kinder erst singen müssen, bevor Sankt Martin seine Gaben an sie verteilt, geht nicht auf den Heiligen zurück, hat aber im Martinszugverein Alt-Bockum eine lange Tradition. Vor nunmehr hundert Jahren wurde der Verein gegründet und nahm dies zum Anlass, zum Festabend in das Gemeindehaus Sankt Gertrudis in Bockum einzuladen.
Und wie vor hundert Jahren freute sich der Kinderchor nach "getaner Arbeit" über die verteilten Weckmänner, die traditionell über Spenden an den Verein finanziert werden.
Nach zahlreichen Grußworten nicht zuletzt durch Oberbürgermeister Gregor Kathstede erinnerte Dr. Reinhard Feinendegen in seiner Festrede an die Ursprünge des Sankt Martins Brauchtums, welches in Deutschland insbesondere im Rheinland Verbreitung findet.
Ein aus dem heutigen Ungarn stammender Soldat der römischen Legionen in Frankreich war der heilige Martin, bevor er um das Jahr 360 in der Nähe von Tours an der Loire sein Kloster gründete, um von dort aus Gewaltfreiheit auch gegenüber Andersgläubigen und Ketzern zu predigen.
Dem vorausgegangen war der Legende nach die auch im Martinslied besungene Szene, in der er mit einem Bedürftigen seinen Militärmantel teilte, ein Umstand, der ihm nach Meinung Dr. Feinendegens ein Disziplinarverfahren eingetragen haben dürfte.
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben die Rheinländer die ursprünglich aus Frankreich stammende Tradition der Heiligenverehrung übernommen, die sich sicherlich auch an bereits bestehende Bräuche zum Erntedankfest anlehnte.
Seit Oktober 1908 zieht Sankt Martin also nun durch die Straßen Alt-Bockums, wobei lediglich in den Kriegsjahren nicht zuletzt aus wirtschaftlicher Not darauf verzichtet wurde. Erst seit 1961 wird er nicht mehr als Bischof, sondern als römischer Legionär dargestellt.
Und auch oder gerade heute noch ist der Brauch zeitgemäß, zeigt er doch am Beispiel Martins, dass die Idee des Teilens seiner Habe mit Bedürftigen und der Übernahme von Verantwortung für andere nach wie vor einen hohen Stellenwert in unserer sozialen Gesellschaft einnimmt.