Im großen Reich der Hydro-Pflanzen
Witte versorgt Discounter mit bis zu 250000 Gewächsen pro Lieferung. Am Anfang stand 1908 eine normale Gärtnerei.
Krefeld-Verberg. Oh ja. An den ersten Großauftrag kann sich Heinz Witte noch gut erinnern. "Wir hatten ja keine Ahnung, wie das laufen musste", sagt der 73-Jährige und verdreht die Augen. Heute kann er drüber lachen, damals muss es doch etwas chaotisch gewesen sein.
Witte grinst. "Fast bis zur Autobahn standen die Lastwagen." Und das ist ein gutes Stück vom Firmengelände am Busenpfad bis zur A57. 250 000 Pflanzen mussten damals verladen werden. "80 Lkw brauchten wir - und die kamen dann alle gleichzeitig."
Doch der Verberger hat gelernt und sich darauf eingestellt. Wie so oft in seiner Unternehmerlaufbahn. Heute sind die Aufträge Routine. Hydro Witte beliefert Discounter mit - der Name verrät’s - Hydropflanzen. "Das sind Pflanzenkulturen ohne Erde, die stattdessen in einem Stützsubstrat stehen", erklärt Witte.
Dracaena, Ficus oder Croton - das ist das, was Aldi, Norma und Co. wollen. Und die Krefelder Firma liefert in Dimensionen von bis zu einer Viertelmillion Stück. "Der normale Hobby-Gärtner kennt uns gar nicht", meint der Senior, der den Betrieb im vergangenen Jahr an seine Kinder Michael und Corry übergab. Und Heinz und Angela Witte sind stolz: "Das ist schon die vierte Generation."
2008, das war auch das Jubiläumsjahr. Vor 100 Jahren kam Großvater Friedrich aus Oberhausen in die Seidenstadt und gründete im Bismarckviertel, "da, wo das Geld saß", seine Gärtnerei. "Er hat noch Kunst- und Handelsgärtner gelernt. Den Beruf gibt es heute gar nicht mehr", weiß Enkel Heinz. Bilder aus den Anfangstagen hängen jetzt im Wohnzimmer der Wittes. "Die hat damals die bekannte Künstlerin Agnes Kaiser gemalt."
In den 1960er und 1970er-Jahre wurde die Firma dann aufgeteilt. Heinz Witte übernahm den Zierpflanzenbereich, sein Bruder Werner die Sparte Garten-Landschaftsbau. Seitdem hat sich einiges geändert. "Es gibt keine Nischen mehr. In allen sitzt schon jemand", sagt Heinz Witte. Vom reinen Blumengeschäft hat er sich längst verabschiedet.
Wenn eine Sache nicht mehr laufe, müsse man sich umstellen, ist er überzeugt. Zu den Hydrokulturen kam er jedoch eher zufällig. "Ein Unternehmer wollte seine Büros begrünen. Seine Frau, eine Biologin, stand auf Hydropflanzen.", erinnert sich Witte. Von da an stand auch der Krefelder auf Hydro.
Und als die Substratpflanzen in Büros langsam "out" wurden, sattelte er auf die Discounter um. "Ein Risiko ist immer dabei, man begibt sich in eine Abhängigkeit", räumt der 73-Jährige ein. Und penibel seien die Auftraggeber. "Da wird mit dem Lineal nachgemessen, ob die Größe bei den Blumen stimmt."
Von den Pflanzen wird Witte aber nie lassen können und hat vor allem für die Exoten ein Faible. Während andere sich alte Kirchen oder Sehenswürdigkeiten im Urlaubsland anschauen, entdecken die Wittes in den Ferien am liebsten botanische Gärten. "Da kann man einiges erleben", sind sich beide einig.
In Kuba endete so ein Ausflug einmal im Niemandsland und mit einer unvergesslichen Busfahrt im heimischen Linienbus. Und in Costa Rica ließ Heinz Witte einst ein paar Samen "mitgehen". "Die hatte ich im Regenschirm raus geschmuggelt. Die Blumen haben mir doch so gut gefallen."