Historische Wetterdaten Uerdingen ist trocken wie im Jahr 1723
Seit Wochen ist es heiß am Niederrhein. Doch wie sah es eigentlich vor ein paar Jahrhunderten aus? Ein Krefelder hat nachgeforscht und spannende Erkenntnisse gewonnen.
Krefeld. Alle reden vom Wetter. Stefan Kronsbein auch. Der Verleger und Forscher aus Leidenschaft, hat aus dem Zeitraum zwischen 800 und 1815 genau 2006 einzelne Wetterdaten zusammengetragen. Einige sind sogar noch älter. Immer, wenn er alte Schriften liest, schreibt er die Wetter-Infos heraus. Es ist ein ziemlich dickes Werk daraus erwachsen. Es belegt: Hitzeperioden sind nicht selten und sogar während der „Kleinen Eiszeit“ von 1450 bis 1850 fanden sie am Niederrhein statt. „Den frühesten Eintrag habe ich aus dem Jahr 70“, berichtet Kronsbein bei der Durchsicht der Unterlagen.
Stefan Kronsbein, Forscher aus Leidenschaft
„Schon Tacitus erzählt vom Sommer dieses Jahres, dass eine solche Trockenheit geherrscht habe, dass die Römer den ganzen Rhein entlang Wachtposten aufstellen mussten, um die Germanen am Durchwaten des Stromes zu hindern.“ Dass sich der Rhein auf ein Rinnsal zurückzog sei im Laufe der Jahrhunderte keine Seltenheit gewesen, weiß der Forscher. „Es gab auch manches ,Donnerwetter‘.“ Hier einige Beispiele: Aus 1152 wird berichtet: „Es war eine solche Hitze, dass man im Sande Eier kochen konnte, nachdem im Januar eine große Überschwemmung gewesen war.“ Dramatisch war es im Mai 1241 in Neuss: „Hier wurde ein großes Turnier gehalten, in welchem gegen 100 Edelherren und Ritter durch Hitze und Staub umkamen.“
Stefan Kronsbein hat ein Faible für historische Daten. Foto: Andreas Bischof
Da wisse man sich heute besser zu schützen, sagt Kronsbein. „Die Erderwärmung steigt“, berichtet der Hobbyforscher zu den folgenden Einträgen: „1473 hieß es: In jenem Jahre wuchsen an vielen Orten am Niederrhein wenig Getreide und Früchte infolge der langen Dürre und großen Hitze, die so groß war, wie sie kein Mensch erlebt hat.“ Ähnlich trockene Perioden gab es 1498, 1503 und 1504. Im zuletzt genannten Jahr kam eine Raupenplage hinzu. Sie verwüstete Früchte und Blätter der Bäume. Das heiße Wetter bringt auch andere Folgen: 1540 war die Güte des Weins wie folgt: „ . . . dass ein kleiner Becher trunken machte, denn er war so dick geraten wie Sirup.“ Und ein „Originalton“ aus Wesel: „Anno 1590 ist ein zeittlanck der Rhein an etzlichen Orttren so klein gewesen, daß men dadurch gahn kuhnnen.“ 1604 gibt es einen Eintrag aus Krefeld: „Die Hitze des vorgehenden Sommers hatte die Gräben der Burg Krakau ausgetrocknet.“
1718 fiel am Niederrhein zwischen April und Oktober kein Regen. 1723 heißt der Eintrag zu Uerdingen: „Es war eine entsetzliche Dürre, alles verbrannte, eine Hungernot war in Sicht. Man betete viel um Regen.“ Der kam beispielsweise zum Jahreswechsel 1740/1741 in Neuss: „Dieses Jahr war für die Stadt außerordentlich unglücklich, da sich alle Elemente zu ihrem Verderben verschworen zu haben schienen. Von Dezember bis im März war alles ringsum von Hochwasser so überschwemmt, dass wir mitten in einem Meer zu leben schienen. Die Felder waren daraufhin mit Sand bedeckt und unfruchtbar.“ Weitere Wetterkapriolen in der anderen Richtung, mit der die Menschen in Krefeld zu kämpfen hatten: „Den 28. Mai 1765. Diese Nacht gefroren, dass an der Westseite der Stadt die Bohnen befroren, man sagt, dass das Gras Eis an hätte und die Klee auch befroren ist.“ Ein Eintrag vom Niederrhein aus 1790 bei unvergleichlich schönem Wetter: „Die Mäuse thun noch vielen Schaden. Deswegen wird die Woche alle Morgen um 5 Uhr eine Benedictions-Messe gehalten.“
Am 10. August 1800 beteten die Menschen in Willich „ . . . ein 13-stündiges Gebet in der Erzdiözese, um von Gott Regen zu erhalten. Drei bis vier Monate ist hier kein Regen gewesen.“ Der bisher letzte Eintrag aus der Region stammt von 1846 aus Lank: „Der diesjährige Sommer war sehr trocken, es fiel zwei bis drei Monate kein Regen, dabei immerwährend drückende Hitze.“