Verband fordert: Jeder soll in seinem Garten fällen dürfen

Dass nicht jeder auf seinem Grundstück die Axt schwingen darf, wie er will, stört den Wohneigentum-Verband. Politiker wollen Erhalt der Satzung.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Manche Kommunen haben sie, andere nicht: eine Baumschutzsatzung. Die Stadt verfolgt mit dem Regelwerk den „Schutz von Einzelbäumen und Baumbeständen aus Gründen der Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes“ und will möglichst viele Gehölze schützen und erhalten. Andere, wie die Vertreter des Verbands Wohneigentum Nordrhein-Westfalen, Kreisverband Krefeld, sehen darin eine „Teilenteignung, da der Eigentümer nicht mehr frei über sein Grundstück verfügen kann“. Sie kämpfen für die Abschaffung der Satzung und fassen ein sensibles Thema an.

„Wer in den 60er oder 70er Jahren beispielsweise seinen Weihnachtsbaum mit Ballen in den Garten gepflanzt hat, wird sich heute über das Gewächs nur wundern. Wahrscheinlich beschattet er — wie auch andere hoch gewachsene Bäume — das halbe Grundstück“, sagt Jakob Thelen, der Geschäftsführer des Verbandes. „Um diesen Missstand, auf dem eigenen Grundstück nicht frei verfügen zu können, zu ändern, haben wir mit Vertretern aller Fraktionen diskutiert. Daraufhin haben die Liberalen einen entsprechenden Änderungsantrag an den Umweltausschuss gerichtet, der abgeschmettert wurde.“

Das wollen die Vorstandsmitglieder des Verbandes Wohneigentum so nicht stehen lassen und führen noch andere Argumente an. „Eine Änderung könnte die Arbeit der Mitarbeiter des Grünflächenamtes erleichtern. Sie müssten dann nicht mehr jedes Mal zu den Privatleuten kommen, um zu urteilen, ob der Baum gefällt werden kann oder nicht.“

Außerdem sagt er, dass viele Bürger ihre jungen Bäume bei einem Stammumfang von 79 Zentimetern oder eine Höhe von 99 Zentimetern schlagen, weil sie es bei 80 Zentimetern oder einem Meter nicht mehr dürften. Was noch hinzukomme, sei die fällige Prüfgebühr von 90 Euro an die Stadt — ganz gleich, ob Tanne oder Baum gefällt werden dürfen oder nicht. Stadtsprecher Manuel Kölker spricht hingegen von 55 Euro Kosten für eine Beurteilung.

Joachim C. Heitmann (FDP) hat schon mehrmals versucht, die Baumschutzsatzung abzuschaffen, so wie es in anderen Kommunen auch geschieht. „Es soll in Härtefällen dem Antrag auf Fällen stattgegeben werden müssen.“ Gründe seien hierfür Schattenbildung im Garten und auch die Tatsache, dass ältere Leute mit dem anfallenden Laub nicht mehr fertig würden.

Es sei kontraproduktiv, wenn Bäume mit 79 Zentimetern Umfang geschlagen würden, findet auch er. Außerdem fragt er, wie es zusammenpasst, dass Bäume aufgrund eines Bebauungsplanes gefällt werden dürfen, ganz gleich, ob man dort früher oder vielleicht auch erst später bauen will. „Das ist eine viel größere Gefahr vor allem im Innenstadtbereich“, erklärt der Liberale. „Dort passiert man einen Baumstumpf nach dem anderen.“

Die Stadt überprüfe akribisch das Straßenbegleitgrün. „Aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht ist die Stadt mit der Beseitigung schnell dabei.“ Heitmann fordert ein Kataster, wo man Bäume pflanzen kann.

Stefan Galke (CDU) erklärt, dass die Mehrheiten für den Erhalt der Satzung sind. „Sie wollen die grüne Stadt erhalten. Außerdem werden die meisten Anträge auf Fällung positiv beschieden.“ Es sei eine kleine Prüfung durch die Fachverwaltung dazwischen geschaltet, die sinnvoll sei. „Es gehen schon so viele Bäume durch Schädlinge ein“, gibt er zu bedenken.

Gabi Schock erklärt für die SPD, dass Bäume eine besondere Rolle für das Stadtklima haben, vor allem an heißen Tagen. Zudem binden sie den Feinstaub. „Außerdem prägen sie das Innenstadtbild von Krefeld so sehr, dass das Geld für Nachpflanzungen aus dem Stadtmarketingtopf kommen müsste“, findet sie und plädiert für die Beibehaltung der Satzung.

Für die Grünen sagt Heidi Matthias: „Die bestehende, in der Vergangenheit leider zu oft ausgehebelte Baumschutzsatzung ist noch immer ein unverzichtbares Instrument zum Erhalt des Baumbestandes im Stadtgebiet.“ Obwohl die Mehrzahl aller beantragten Fällungen genehmigt würde, stelle die Satzung doch ein letztes Hemmnis dar, auf Privatgrundstücken nach eigenem Gutdünken Bäume zu fällen. Gemeinsam mit den Mitarbeitern des Grünflächenamtes werde doch meist vor Ort in Streitfällen ein Kompromiss gefunden, fachlich beraten oder eine Ersatzpflanzung angeordnet, falls eine Fällgenehmigung erteilt werde, findet Matthias.

Laut Aussage des Fachbereiches Grünflächen werden 90 Prozent der Anträge zur Fällgenehmigung positiv beschieden.