Krefeld Von Zäunen am Ostwall und Scheinheiligkeit
Krefeld hat mit den Füßen abgestimmt und der AfD die rote Karte gezeigt. Folgerichtig.
Krefeld. Diese Woche hat gezeigt, dass die AfD lokalpolitisch keine Rolle spielt in Krefeld. Nichtmal 100 Unterschriften haben die Landtagskandidaten innerhalb von drei Wochen sammeln können in der 240 000-Einwohner-Stadt. Die Krefelder wollen das nicht, und das ist nachvollziehbar. Zu wichtigen städtischen Themen gibt es keine Haltung oder eine skurrile. Die ewig eingeforderte Extrawurst nervt, das aggressive Auftreten in sozialen Medien langweilt. Wenn es jemand wahrnimmt. Die WZ tut es. Weil sie sich selbstverständlich mit allen demokratischen Parteien auseinandersetzt. Und deren Demokratiefähigkeit auf dem Prüfstand behält. Den politischen Diskurs mit anderen Parteien oder Bürgern sucht die AfD in Krefeld nicht. Sie teilt mit, was sie so denkt.
Und das hört sich dann mitunter so an wie die beiden letzten AfD-Ideen für Krefeld. Damit die Menschen am Ostwall nicht über die Gleise laufen und sich dabei selbst gefährden, soll die Stadt einen Zaun bauen. Das hat schon etwas symbolisches. Und: Das Fichte-Aus im kleinen Krefeld zeige deutlich, dass Multi-Kulti in ganz Deutschland gescheitert sei. Hinzu kommt die Sehnsucht nach Sonderbehandlung. Die AfD funktioniert auch in Krefeld nach dem Motto „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“. Sie möchte fleißig austeilen, reagiert aber auf Kritik äußerst sensibel. Als bedürften AfD-Politiker eines besonderen Schutzes.
Prominente Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit für Krefeld gibt es zwei: Alle anderen Parteien verkünden stolz, welche Lokalpolitiker sie auf Bundes- oder Landesparteitagen vertreten dürfen. Die AfD macht ein Geheimnis daraus und geißelt anschließend die darüber berichtende Presse auf dem einzigen Kanal, dem sie vertrauen: ihrer eigenen Facebook-Seite. Das wird ntürlich auch nach dieser Analyse so ein. Haltung hat viel mit Aushalten zu tun.
Michael Passon, Redaktionsleiter Westdeutsche Zeitung Krefeld
Auf besagter Seite finden sich zudem jede Menge Beiträge des Mediums Junge Freiheit, das Politikwissenschaftlern als „Sprachrohr der Neuen Rechten“ bezeichnen. Diese Inszenierung als Opfer der Lügenpresse schlägt bei den Anhängern in Kommentaren dann schnell in Aggression um. Nummer zwei: Jetzt holen sie offenbar Bundesvize Beatrix von Storch in die Stadt. Eine Frau, die Verhütung ablehnt und stattdessen sexuelle Enthaltsamkeit predigt. Das klingt erzkatholisch. Eine Frau, die erklärt hat, an der Grenze auch auf flüchtende Frauen und Kinder zu schießen. Das ist unmenschlich.
Der Veranstaltungsort wird geheim gehalten. Das wäre angesichts ja nicht zu verleugnender linksradikaler Gewalt, die es leider auch gibt und konsequent geahndet werden muss, ja noch zu verstehen. Dann, wenn man unter sich bleiben will. Doch die AfD möchte explizit eine öffentliche Veranstaltung abhalten, wirbt mit einer Parteizeitung in allen Krefelder Haushalten dafür. Hier im Gegensatz zum Netz ohne die Personalie von Storch. Ja, was denn nun?
Wie Transparenz geht, hat am Freitag ausgerechnet eine Krefelder Ditib-Gemeinde gezeigt, die mitten im Ditib-Spitzelskandal und im Referendumsärger allen Krefeldern die Pläne für eine neue, große Moschee vorstellte. Wohlwissend, dass es unter den Gästen vehemente Gegner gibt. Was viele AfD-Anhänger vielleicht nicht begriffen haben: Es gibt einen Unterschied zwischen konservativ und rechtspopulistisch. Vielleicht hält es aber auch einfach warm, das unehrliche Deckmäntelchen. Konservative Kräfte sind ein wichtiger Teil des politischen Spektrums. Das gilt auch für den konservativen Kreis in Krefeld, der sich als Regulativ einer CDU versteht, die in der großen Koalition nach ihrem Profil sucht. Der sich aber deutlich von der AfD abgrenzt. Nicht zuletzt, weil sie Partei der Höckes, Gaulands und von Storchs ist, die mit Menschenverachtung und Naziparolen Politik machen. An der Krefelder Basis heißt es dann: „Ja, die schaden uns, aber das sind nur ganz wenige in der Partei.“ Um sie dann fein nach Krefeld zu einer Propaganda-Fete einzuladen. Das ist bestenfalls scheinheilig.
Die Krefelder haben über die AfD mit den Füßen abgestimmt. 100 Unterschriften sammelt ein halbwegs gehaltvoller Werber innerhalb von drei Stunden. In Anlehnung an eine AfD-Parole, die auf dem Bundesparteitag in Stuttgart geboren wurde, darf man für Krefeld also sagen: Die AfD gehört nicht zu Krefeld.