Umweltschutz Warum Krefelds Geschäfte auf Plastik verzichten
Krefeld. · Bei vielen Kunden und Einzelhändlern sind Plastiktüten mittlerweile ein Tabu. Doch vor allem in der Supermarkt-Branche gibt es Nachholbedarf bei der Müllvermeidung.
Wie transportieren die Krefelder ihre Einkäufe, verzichten sie auf Plastiktüten? Die WZ hat am Montagmorgen zwischen den Straßenbahn-Haltestellen Dreikönigenstraße und Rheinstraße mal nachgezählt. 19 Passanten sind um halb zehn auf dem Gehweg auf der Sparkassen-Straßenseite unterwegs. Gleich drei junge Leute tragen Rucksäcke, deren Logo ein possierlicher Fuchs ist. Eine Dame zieht ein Einkaufswägelchen hinter sich her. Eine Frau schleppt eine bepackte Plastiktüte vom Discounter. Ein junger Herr stapelt Medikamente gegen seinen Schnupfen in der Hand. Ob er das Plasitktütchen aus Umweltgründen oder anderen in der Apotheke ablehnte, ist nicht überliefert. Eine Frau eilt derweil mit einer riesigen Plastiktasche in ein Ladenlokal.
Dabei ist Plastik als massives Umweltproblem identifiziert, die Ozeane sind voll damit. In der Europäischen Union soll unnötiger Verbrauch mittlerweile auch per Gesetz reduziert werden. Der Handel versucht schon seit einiger Zeit, Plastikbeutel und -verpackungen zu vermeiden – fraglos auch aus Imagegründen. Im Jahr 2016 verpflichteten sich große Teile des deutschen Einzelhandels freiwillig dazu, die Kunststofftüten nur noch gegen ein paar Cent Aufpreis auszugeben. Seitdem sank der Tütenverbrauch von 5,6 Milliarden Stück in Deutschland auf unter 2,5 Milliarden.
Krefelds Händler beobachten
ein Umdenken bei den Kunden
Krefelder Kunden und Händler bestätigen den Trend. Ingrid Knutzen schlendert mit einer bunten Stofftüte über die Königstraße. „Wenn ich die mal vergesse und mir eine Plastiktüte kaufen muss, ärgere ich mich mittlerweile schon“, sagt die 63-Jährige.
Der Sportartikelhändler Christoph Borgmann sieht ein Umdenken bei Kunden und bei seinen Kollegen. Der Chef der Werbegemeinschaft Krefeld hat die Entwicklung in der Stadt im Blick. Fast überall seien Ladeninhaber zu Papiertüten gewechselt. Auch Borgmann hat bei sich vor zwei Jahren umgestellt. Sein Fazit: Die Entscheidung für Papier war richtig, obwohl das für ihn und seine Kollegen eine zusätzliche Belastung bedeute. Die Papiertüte koste doppelt so viel wie die Plastikvariante, sagt Borgmann. Ein paar Cent müssen die Kunden daher zahlen, den kompletten Anschaffungspreis deckt das in der Regel aber nicht. „Außerdem mussten wir für die Papiertüten ein neues Lager schaffen“, sagt Borgmann. „In einen Karton, in den 1000 Plastiktüten passen, gehen nur 100 Papiertaschen rein.“ Den Aufwand akzeptiert Borgmann. Unnötigen Plastikverbrauch findet er nicht zeitgemäß. Daher wundere es ihn sogar, dass die Plastiktüte in Drogerien und Supermärkten noch akzeptiert werde.
Heiner Kempken führt sechs Edeka-Supermärkte in Krefeld. Er bestätigt Borgmanns Eindrücke. Bei seinen Kunden sei Plastikvermeidung noch nicht so angekommen. Dabei treiben Kempkens Leute immer neue Projekte voran. Warum das nur wenig Erfolg hat, kann sich der Geschäftsmann kaum erklären. Es dauere wohl, das Bewusstsein für Plastikvermeidung im Alltag zu schaffen. „Das Müllproblem lässt sich nicht von heute auf morgen lösen“, bilanziert Kempken. Dabei klingen seine Ideen vielversprechend: Plastiktütchen hat er aus der Obst- und Gemüsetheke verbannt, dafür gibt es Obstnetze zum Mitnehmen. Mit diesem Projekt ist er noch ganz zufrieden. Schlechter lief der Versuch, Mehrwegdosen für Eier zu etablieren. „Die Leute sollten diese Boxen immer wieder mitbringen und hätten ein Cent Rabatt pro Ei bekommen“, sagt Kempken. Angenommen haben die Verbraucher das Angebot in der breiten Masse aber nicht.
Pfandkörbe haben sich bei Edeka Kempken bislang nicht etabliert
Ähnlich schwach laufe es bei den sogenannten Pfandkörben. Kempken ist nämlich überzeugt: Papiertüten sind für die Umwelt beinahe „genauso großer Blödsinn“ wie Plastikbeutel. Für die Herstellung der Papieralternative benötigt man viele Ressourcen: Zellstoff, Wasser, Energie, vor allem aber Chemikalien. Zudem sind sie oft nicht so haltbar wie ihre ungeliebten Vorgänger. Edeka-Kempken gibt daher seit einiger Zeit Pfandkörbe aus. Die Kunden können für drei Euro einen Einkaufskorb mitnehmen und bekommen bei Rückgabe 2,75 Euro. Dazwischen dürfen sie das Teil für die 25 Cent-Differenz so lange nutzen, wie sie wollen. Ein gutes Angebot, findet Kempken. Nur durchgesetzt hat es sich noch nicht. Aufgeben möchte der Edeka-Mann dennoch nicht und überlegt schon, wie er Mehrwegdosen an der Fleischtheke etablieren kann.
Stefan Peeters vom Werbering Fischeln empfiehlt: Kommunikation hilft, um den Kunden den Abschied vom Plastik zu erleichtern. Der Blumenhändler und seine Kollegen im Stadtteil glauben an die Papiertüte. „Ich gebe Plastiktüten nur noch bei ganz nassen Waren aus“, sagt Peeters. In seiner Branche gebe es noch weitere Möglichkeiten, den Müll zu reduzieren. Jeder kennt die durchsichtige Folie über Blumensträußen. Die schaffe er nun komplett ab, sagt Peeters. Durch den Papiermantel könnten die Pflanzen ohnehin besser atmen. Manchen Kunden ist die traditionelle Verpackung wichtig, sie komme wertiger daher. „Aber wenn man erklärt, warum wir verzichten, haben die meisten Verständnis“, sagt Peeters.