Mitarbeiter des Jobcenters erzählen Wenn Arbeit zum Problem wird

Die Mitarbeiter des Jobcenters kommen ins Spiel, wenn das Arbeitslosengeld I versiegt. Kein leichter Job, wie vier Krefelder Vermittler aus ihrem Alltag berichten.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Er ist Sanitär- und Heizungsinstallateur, 35 Jahre alt, hat einen makellosen Gesellenbrief und fünf Jahre einschlägige Berufserfahrung. Glück für den Mann, denn: „Der hat in zwei Wochen einen neuen Job“, sagt Egon Peifer von Jobcenter Krefeld. Peifer dafür zuständig, „Kunden“ den Weg zu neuen Perspektiven aufzuzeigen. Doch der Installateur ist der Ausnahmefall. Wer hierhin kommt, hat meist die Arbeitsagentur und ihre Vermittlungsbemühungen bereits hinter sich. „Wenn einer sagt, dass er ein Stück Papier möchte, auf dem der neue Job steht — das geht nicht“, rückt Peifer die Aussichten zurecht.

Die Jobvermittler haben derzeit keinen leichten Stand. Die Jobcenter-Personalräte beklagten vor kurzem in einem Brandbrief an den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, „dass vor allem im Leistungsbereich das Personal regelrecht verheizt wird.“ Eitler Freude Sonnenschein herrscht auch in Krefeld nicht. Wenn nur der 35-jährige Installateur käme . . . Es gibt nicht „den“ Kunden. Da sind sich die vier Berater des Krefelder Jobcenters einig. Sümeyye Okuyucu, Christian Köster, Matthais Janich und Egon Peifer haben sich bereiterklärt, über ihren Arbeitsalltag im Schatten von Hartz IV zu reden.

Viele von den Neu-Kunden, die zum Jobcenter kommen, „kennen wir noch nicht einmal in Papierform“, sagt Matthias Janich, bei dem diese Anträge zunächst landen. Seine Abteilung klärt die persönlichen Daten ab, die Familien- und Vermögensverhältnisse, sammelt die notwendigen Bescheinigungen ein und stellt dann die „Hilfsbedürftigkeit“ fest. „Im perfekten Fall hat der Kunde nach zwei Wochen sein Geld“, sagt Janich und schränkt gleich ein, dass gerade fehlende Bescheinigungen das Verfahren erheblich verlängern können.

Selbst wenn das Geld — das Arbeitslosengeld 2 und mögliche weitere Hilfen — fließt, ist der „Kunde“ damit nicht aus dem Jobcenter entlassen. Denn das im Volksmund Hartz IV genannte Geld ist vom Gesetzgeber als zeitlich begrenzte Grundsicherung vorgesehen. Oberstes Ziel muss die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt sein — für beide Seiten.

Dabei holt Christian Köster die Krefelder Arbeitgeber mit ins Boot. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen wüssten den Rat der Jobcenter zu schätzen: „Für unsere Kunden kann das ein Türöffner sein“, sagt Köster und weist darauf hin, dass nicht immer gleich der Fulltime-Job am Anfang steht: „Aus zunächst drei Stunden, können sechs, zwölf Stunden und mehr werden.“ Wichtig ist für ihn das Netzwerk innerhalb des Hauses, in dem Angebot und Nachfrage zusammentreffen und die Erfahrung von Menschen wie Egon Peifer eingebracht werden.

Für Peifer steht die Berufsbiografie im Zentrum. Was kann der „Kunde“, was hat er gelernt, ist er in seinem erlernten Beruf überhaupt vermittelbar: „Zum Teil müssen weitere Schritte eingeleitet werden, um jemanden vermittelbar zu machen“, sagt Peifer. Das könne ein Sprachkurs bei Migrationshintergrund sein. Auch gesundheitliche Probleme, kurz- oder langfristige, könnten dazu führen, dass ein anderer Zielberuf gefunden werden muss. „Ich habe das auch hinter mir“, sagt der Berater. Pfeifer ist wie viele seiner Kollegen Quereinsteiger.

Manchmal fühlen sich die Berater wie Psychologen: „Die Gespräche sind nicht immer einfach. Wir dürfen nicht aus falscher Scham schweigen.“ In gammeligen Klamotten oder mit extremen Mundgeruch zum Vorstellungsgespräch — das muss schiefgehen.

Wenn persönliche Gründe, psychologische oder gesundheitliche, einer Vermittlung im Weg stehen, kommen die Fallmanager des Jobcenters ins Spiel. Leute wie Sümeyye Okuyucu: „Wir springen immer dann ein, wenn es intensiver wird“, sagt sie. Damit niemand auf dem Weg zwischen zwei Büros verlorengehe. Die Fallmanager kennen Ansprechpartner bei Suchtproblemen, können helfen, wenn Menschen nach 100 erfolglosen Bewerbungen wieder aufgebaut werden müssen.

Sümeyye Okuyucu kümmert sich auch um die „U25“-Klientel, junge Leute, die Schule oder Berufsausbildung nicht abgeschlossen haben. „Es geht zum Teil um so ganz einfache Dingen wie darum, dass regelmäßiges Erscheinen eine Grundvoraussetzung ist.“

Einig sind sich die vier Jobberater auch darüber, dass es den „faulen Kunden“ im Jobcenter nur selten gibt. Egon Pfeifer: „Die Grundsicherung ist knapp ausgelegt. Mit dem, was übrigbleibt, können sie nicht ins Kino gehen. Auch jeden Tag ein Schächtelchen Zigaretten ist nicht drin.“ Diejenigen, die in Talkshows erklärten, dass sie von Hartz IV prima leben würden, seien klar die Ausnahme.

Den Mindestlohn begrüßen die Krefelder Vermittler. Arbeit müsse sich lohnen. Und fünf bis sechs Euro pro Stunde seien einfach sittenwidrig. Zudem habe sich gezeigt, dass es nach der Einführung nicht zu dem befürchteten Stellenabbau gekommen sei. Der Effekt des Mindestlohns sei vielmehr, dass plötzlich ein mehr an Arbeit funktioniere.