Leben auf der Straße Wie Obdachlosen in Krefeld helfen? Das sagt ein Streetworker

Krefeld · Auch wenn die Eiseskälte zunächst vorüber ist: Das Leben auf der Straße ist nicht einfacher geworden. Ein Streetworker in Krefeld erklärt, wie Wohnungslosen geholfen werden kann.

Nur mit Stofffetzen an den Füßen ist eine obdachlose Frau in der Innenstadt unterwegs.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Auch wenn die Eiseskälte momentan vorüber ist, das Leben auf der Straße ist nicht einfacher geworden. Das Bild einer Frau mit nur noch Fetzen an den Füßen in der WZ vom vergangenen Freitag hat die Frage bei Lesern aufgeworfen, wie die Stadt und sie selbst obdachlosen Menschen helfen könnten und was zu tun sei, wenn die keine Hilfe wollten. Für Thomas Kron und die anderen Streetworker der Stadt ist derzeit Hochsaison. Sie sind zu zweit, jeweils im Doppel mit einem KOD-Mitarbeiter, mit Beginn der Dunkelheit bis tief in die Nacht zu Fuß unterwegs. Um obdachlose Menschen in der Stadt zu finden, ihnen zu helfen und sie bei weiterhin kalten Temperaturen und Regen in den Schutz und die Wärme der Notunterkunft an der Feldstraße zu Fuß zu begleiten. Wenn sie es wollen. „Denn wir sind auf Freiwilligkeit angewiesen“, sagt Kron.

So wie bei einer stadtbekannten älteren Frau, die zu jeder Jahreszeit, tagein, tagaus, in der Innenstadt auf der Straße lebt. „Wir suchen unsere Klienten immer wieder auf und bieten ihnen Hilfe an – und diesmal hat sie eingewilligt, mitzukommen“, erzählt Kron. Zu groß wurde die Not.

Dabei werde auch schon mal an der Feldstraße bei der Unterbringung improvisiert. Wenn eine Betreuung nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) nicht gegeben sei, werde den Menschen dennoch geholfen. „Wir lassen sie nicht auf der Straße“, sagt Kron. Angefangen bei einem heißen Kaffee, der Möglichkeit auch ohne dort zu wohnen, zu duschen, auf Toilette zu gehen und Kleidung zu waschen. Und im besten Falle auch dort zu schlafen und sich am Tag im Tagesaufenthalt aufhalten zu können. „Wir versuchen, das Überleben zu sichern“, sagt Kron, ohne martialisch klingen zu wollen.

Eine in der Vergangenheit in der Umgebung durch ihr lautes Schreien aufgefallene Frau lebe inzwischen in der dort unterm Dach eingerichteten Wohngruppe und wechsele demnächst in eine besondere, betreute Wohngruppe außerhalb. Dieser Schritt sei nur möglich geworden, weil die Streetworker schon jetzt eng mit der Notschlafstelle bei ihrer Arbeit verbunden sind. „Man kann sagen, dass wir Prinzipien der neuen Obdachlosenhilfe schon jetzt umsetzen“, sagt Kron.

150 bis 200 Personen leben schätzungsweise in Krefeld auf der Straße. Nur ein sehr kleiner Teil von ihnen, etwa zehn bis 15 Personen, davon sei auffällig, ob durch lautes Schreien, Schlafen an Bus- und Haltestellen oder weil sie barfuß im Winter rumlaufen. Für einen jeden von ihnen haben die Streetworker einen individuellen Hilfeplan erstellt. Und sie bleiben dran, auch wenn derjenige die Hilfe ablehne. Dabei sind sie auch darauf angewiesen, mit vielen anderen Einrichtungen eng zusammenarbeiten zu können, ob Krankenhäuser oder soziale Dienste. Denn die Zahl derjenigen, die durch Suchtmittelmissbrauch oder traumatische Erlebnisse massiv psychisch auffällig werden und auf der Straße leben, nehme zu. Auch der Umgang mit ihnen sei schwieriger geworden.

Wer Obdachlosen helfen will, könne fragen, was sie bräuchten: Einen Kaffee, etwas vom Bäcker oder auch Geld, das müsse jeder selber für sich wissen. „Aber dem Menschen ungefragt etwas in die Hand drücken, geht schief“, warnt Kron. Dafür können Bürger die Diakonie wie auch die Stadt mit Spenden unterstützen. Letztes Jahr hatten unbekannt bleiben wollende Krefelder beispielsweise spezielle Kälte-Overalls gespendet, die die Streetworker verleihen konnten. Auch dieses Jahr sind sie wieder im Einsatz. Und zum Schluss räumt Kron mit einem Vorurteil zu Obdachlosen auf: „Jeder Mensch kann auf der Straße landen.“ Ob durch Krankheit oder Verlust des sozialen Hintergrunds.