Fressnapf-Chef: „Ich kenne nur das Gaspedal“
Das Franchise-Unternehmen Fressnapf expandiert rasant. Die WZ spricht mit Firmengründer Torsten Toeller über Siege und Niederlagen, den neuen Verwaltungssitz und das geplante Logistikzentrum in Krefeld.
Krefeld. Die Vorstellung des neuen Verwaltungsgebäudes der Fressnapf Tiernahrungs GmbH nutzte die WZ zu einem Exklusiv-Interview mit Unternehmensgründer und Firmenchef Torsten Toeller. Zusammen mit Ehefrau Alexandra führt er auch die Trinkgut-Fachdiscount-Märkte. Im Gespräch bekannte Toeller, dass er Oberbürgermeister Gregor Kathstede um Geduld bei einer weiteren Großinvestition in Krefeld gebeten hat. Die Stadt hatte zwei Jahre lang ein Großgrundstück in Hafennähe für den Bau eines neuen Trinkgut-Logistikzentrums vorgehalten. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben . . .
Herr Toeller, das soeben offiziell eingeweihte Verwaltungsgebäude für Fressnapf sieht bereits Platz für weitere 200 Mitarbeiter vor. Wie lange wird das bei Ihrem rasanten Expansionstempo ausreichen?
Torsten Toeller: Wir gründen pro Jahr 80 bis 100 neue Märkte in Europa und haben dieses Wachstum beim Bau unseres Verwaltungsgebäudes natürlich berücksichtigt. Der Platz reicht für die nächsten fünf bis sieben Jahre. Das gilt auch für die hier installierte Fressnapf-Akademie, in der wir jährlich rund 1500 Mitarbeiter schulen - nicht nur eigene, sondern auch die unserer Franchise-Partner.
Wohin soll Ihre rasante Expansion noch führen? Welche Strategie verfolgen Sie und welche europäischen Länder haben Sie als nächstes im Visier? Ist auch Übersee ein Thema?
Toeller: Grundsätzlich bleibt unser bisheriges Geschäft mit den inzwischen 660 Fressnapf-Märkten in Deutschland die Basis, die jedoch modernisiert, perfektioniert und auch emotionalisiert wird. Unsere Wachstumsstrategie mit den XXL-Großmärkten, von denen am Donnerstag, 30. August, einer in Krefeld eröffnet wird, und mit den Erlebnismärkten, den Megazoos auf über 2500 Quadratmeter Fläche, wird fortgeführt. In den wesentlichen westeuropäischen Märkten wollen wir in den nächsten fünf Jahren in führende Marktpositionen kommen, unter anderem in Frankreich und Spanien. Als neue Ziele steuern wir osteuropäische Länder wie Polen, Russland und Tschechien an sowie den Ausbau des Geschäfts in Ungarn - alles Riesenmärkte für unsere Produkte und Dienstleistungen. An Übersee-Länder denken wir zurzeit nicht, weil wir genug mit der Entwicklung in Europa zu tun haben. Am ehesten käme langfristig der Wachstumsmarkt in Asien in Frage. Allein der chinesische Markt hat mit etwa 1,4 Milliarden Menschen eine Riesendimension.
Gibt es keine Kapazitätsgrenzen bei Ihrer Expansion? Wie verkraften das Ihre Mitarbeiter?
Toeller: Ich kenne nur das Gaspedal ganz rechts. Meine Mitarbeiter wissen aber, wo die Bremse ist und erinnern mich gelegentlich daran. Wir könnten von der Kapazität her die Zahl der neuen Märkte sogar noch erhöhen, aber es gibt auch Engpässe - jedoch nicht beim Kapital, das ja von unseren Franchise-Partnern kommt. Ein wichtiger Faktor ist unser Personal, speziell das neue, das zuerst qualifiziert werden muss. Eine echte Aufgabe wäre die Eroberung des russischen Marktes, wo Vertrieb und Marketing vor einem kompletten Neuanfang stehen - angefangen bei den Wortschriftzeichen über die Warenwirtschaft bis zu den Computerprogrammen. Aber das ist ja gerade die Herausforderung.
Erfolg zieht Nachahmer nach sich. Haben Sie keine Angst, dass Ihnen ein Großinvestor mit Produkten aus dem Osten oder aus Asien und mit Dumpingpreisen Konkurrenz macht oder Sie gar übernehmen will?
Toeller: Diese Gefahr hat in den ersten zehn Jahren immer bestanden. Und Wettbewerber haben wir ja genug. Doch die sind alle langsamer als wir. Inzwischen ist unsere Marktposition so gut, dass das für einen neuen Wettbewerber nicht einfach wäre. Eine Übernahme ist mit mir nicht machbar, weil ich mit Geld nicht erpressbar bin. Ich habe genug Geld zum Leben. Das Geld bleibt in der Firma, denn meine Motivation ist, mit dem Unternehmen zu wachsen. Jeder Tag ist für mich eine Herausforderung und dabei habe ich einen Riesenspaß.
Haben Sie bei all den Erfolgen nicht auch schon Misserfolge verkraften müssen?
Toeller: Wer nicht verliert, hat auch den Sieg nicht verdient, sagt ein Sprichwort. Bei unserem Erstversuch in Belgien und den Niederlanden haben wir viel Geld verloren. Wir haben daraufhin unser Geschäft an Einzelhändler verkauft und uns daran beteiligt. Seitdem läuft es. Ich sehe das Geschäft eher als Langstreckenrennen und will am Ende der Gewinner sein. Außerdem kann man aus Misserfolgen lernen. Wir gehen heute nur mit einem Master-Franchisenehmer in ein neues Land, der aus dem Land und der Branche kommt und beste Kontakte hat. Nach der Eröffnung der ersten Märkte analysieren wir zuerst das Geschäft und nehmen Korrekturen vor, bevor wir weitermachen. Dieses Rezept hat sich ausgezahlt.
Wie die WZ erfahren hat, haben Sie Oberbürgermeister Kathstede mitgeteilt, dass Sie die Option auf das von der Stadt für Sie vorgehaltene Grundstück von 170 000 Quadratmeter nicht wahrnehmen. Ist der Bau eines neuen Trinkgut-Logistikzentrums kein Thema mehr?
Toeller: Das neue Zentrum kommt - wenn auch später. Unsere Planung sieht nach wie vor zwei große Logistikzentren in NRW vor. Wir haben uns lediglich entschieden, zuerst das Zentrum in Hamm zu bauen und das in Krefeld erst in drei bis vier Jahren in Angriff zu nehmen. Solange kommen wir mit dem vorhandenen Gebäude in Krefeld aus. Aber die Stadt muss keine Bange haben, denn wir werden dann wieder auf sie zukommen. Wir brauchen ein bis zu 200 000 Quadratmeter großes Grundstück für den Bau einer Halle von etwa 40 000 Quadratmeter. Trinkgut plant dort mit weiteren 200 bis 250 Mitarbeitern, die zu den bereits vorhandenen 100 Beschäftigten in der Logistik hinzukommen.
Wie sieht es bei diesem beruflichen Programm mit Ihrer Freizeit aus?
Toeller: Die kommt zu kurz. Oder richtiger: Sie findet nach dem viel zu frühen Tod meines Schwiegervaters und Trinkgut-Gründers Udo Täubrich und der zusätzlichen Arbeit für Trinkgut seit drei Jahren kaum mehr statt. Das soll sich aber 2008 ändern: Ich freue mich schon auf das Segeln mit Freunden rund um Mallorca.