Jobcenter kämpft für die „vergessene Generation“

Zahl der älteren Arbeitslosen nimmt weiter zu. Das Programm 50plus aktiv will dagegenwirken.

Krefeld. Sie ist kurz davor aufzugeben. Cornelia N. (Name von der Redaktion geändert) ist 55 Jahre alt und seit fast zwei Jahren arbeitslos. Seitdem ihre Firma in Krefeld ihre Tore geschlossen hat, schrieb sie weit über 150 Bewerbungen. Das Resultat: Entweder Absagen oder gar keine Antwort. Die Tage, an denen Cornelia N. verzweifelt, werden immer mehr. Und sie fragt sich: „Bin ich denn gar nichts mehr wert?“.

Solche Reaktionen von Betroffenen der „vergessenen Generation“ auf Arbeitslosigkeit sind Franz-Josef Schmitz wohlbekannt. Der Bereichsleiter beim Jobcenter Krefeld weiß, dass mangelndes Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl schon ab einem Jahr Arbeitslosigkeit einsetzen können: „Man verliert den Antrieb, die Frustationsgrenze geht gegen null“, berichtet er.

Seit der Weltwirtschaftskrise hat es ein deutliches Plus bei älteren Arbeitslosen über 50 Jahre gegeben. Der Krefelder DGB-Vorsitzende Ralf Köpke nennt fünf Krefelder Zahlen: „Arbeitslose von 50 bis 64 Jahre im Juli 2010: 3946. Im Juli 2011: 3911, also nur geringfügig weniger. Noch schlimmer ist es bei den über 55-Jährigen: Im Juli 2009 waren 1873 von ihnen ohne Arbeit, im Juli 2010 schon 2163, und jetzt, Ende Juli 2011, bereits 2207.“

Die Zahlen zeigen, sagt Köpke, dass die Älteren jetzt auch im Aufschwung bisher von Beschäftigung kaum profitiert haben. „In Zeiten des beschworenen Fachkräftemangels greifen Firmen auch in Krefeld nicht auf Ältere und ihr Potenzial zurück.“

Franz-Josef Schmitz: „Das Argument von manchen Firmen ,Ältere sind zu teuer’ ist im Wandel. Wenn man sich die heutigen Tarifverträge anschaut, sieht man, dass das nicht mehr zieht. Betrieben gehen langsam die Argumente aus, warum sie nicht auf Ältere und ihre teilweise große Lebens- und Berufserfahrung zurückgreifen. Und die Statistik sagt auch, dass über 50-Jährige nicht öfter krank sind als Jüngere.“

Das Jobcenter kämpft für ältere Arbeitslose und beteiligt sich seit Mitte 2009 an der „Bundesperspektive 50plus“. Mit dem Geld aus diesem Bundesprojekt, das bis 2015 läuft und das Potenzial der Älteren für den Arbeitsmarkt nutzen will, hat das Jobcenter 15 neue Vermittler für ältere Arbeitslose eingestellt und das eigene Förderprogramm „50plus aktiv“ entwickelt.

Von den 15 Vermittlern arbeiten zehn mit den älteren Arbeitslosen zusammen, fünf akquirieren Stellen bei Firmen. „Das hat kein anderes Jobcenter so gemacht. Oft bedarf es nur ein wenig Unterstützung, um den Älteren wieder zu vermitteln ,Ihr könnt was. Ihr werdet gebraucht.’ Wir suchen die Stärken der insgesamt 1500 Teilnehmer und festigen sie. Stabilisierung ist ein wichtiger Faktor“, sagt Schmitz.

Dieser Einsatz macht sich bezahlt. Viele Betriebe sind dem Appell des Jobcenters gefolgt und arbeiten mit einer altersgemischen Belegschaft. „Es gibt immer mehr die Einsicht von Firmen, wie wertvoll das Potenzial Älterer in Zeiten des demografischen Wandels und des späteren Renteneintrittsalters für das eigene Unternehmen sein kann.

Das Jobcenter wird am Donnerstag, 6. Oktober, auf Burg Linn zum ersten Mal drei Wirtschaftspreise an „Unternehmen mit Weitblick“ vergeben. Das Jobcenter, sagt Schmitz, „hat beste Erfahrungen mit Unternehmen gemacht, die bereit sind, über 50-Jährige einzustellen“: In den vergangenen zwei Jahren konnten so über 750 ältere Arbeitslose wieder in Arbeit gebracht werden (Stand: Ende Mai 2011). Das Ziel bleibt, dass es mehr werden.