Lebendige Stadtgeschichte Wenn eine Samtfabrik, ein Bunker und Gotteshaus als Wohngebäude aufleben

Krefeld · Alte markante Gebäude erzählen von der Geschichte der Stadt und ihrer Menschen. Statt sie für Neubauten abzureißen, können sie neue Orte für Wohnen, Arbeiten und Kultur werden. Wir zeigen schöne Beispiele aus Krefeld.

Quartiersmanager Michael Gohlke (l.) und Stadtdirektor Markus Schön unterwegs im begrünten Innenhof der alten Samtweberei an der Lewerentzstraße.  37 Wohnungen sind dort entstanden sowie Büros.

Foto: Andreas Bischof

Alte Gebäude erzählen spannende Geschichten. Von der Stadt und dem Zeitalter, in denen sie gebaut worden sind. Von den Menschen, die dort gearbeitet oder gar gezielt Zuflucht gesucht haben vor dem Bombenhagel im Zweiten Weltkrieg. Viele dieser Häuser sind im Laufe der Jahrzehnte der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Doch andererseits nimmt die Zahl der unter Denkmalschutz gestellten Gebäude zu ebenso wie die der Bauherren, die genau solche Orte aussuchen. Um sie mit neuem Leben zu füllen – trotz aller Widrigkeiten und heutigen Ansprüche an Brandschutz, Energieeinsparung und komfortables Wohnen. Krefeld ist reich an bauhistorischen Gebäuden. Einige Beispiele stellen wir Ihnen auf dieser Seite vor.

Die Alte Samtweberei

Die Alte Samtweberei in der Südweststadt hat eine bewegte Geschichte. Die drei- und viergeschossige Blockrandbebauung war von 1880-90 für die Unternehmer Mottau & Leendertz gebaut worden, die in den 1930er Jahren zu Scheibler & Co. gehörten. Bis in die 1960er Jahre wurde die Alte Samtweberei vielfach ergänzt, beispielsweise um die große Shed-Halle, und in den 1970er Jahren geschlossen. Die Stadtverwaltung nutzte das Gebäude bis 2007, von da an stand es leer. Bis 2013 durch die Suche der Stadt nach Nutzungsmöglichkeiten die Montag-Stiftung Urbane Räume mit Unterstützung von NRW.Urban auf das Objekt und den Stadtteil aufmerksam wurde. Mit der Stadt und der Wohnstätte Krefeld  wurde ein Handlungskonzept erarbeitet und inzwischen umgesetzt. Heute arbeiten dort rund 25 Unternehmen, das Stadtmarketing hat dort seinen Sitz, 37 Wohnungen sind entstanden und die Shedhalle ist zentraler Veranstaltungsort.  Und durch die gegründete Nachbarschafts-Stiftung profitiert auch der gesamte Stadtteil von der Belebung.

Die Brotfabrik „Im Brahm“

Die alte Brotfabrik Im Brahm an der Ritterstraße hat eine markante rote Backstein-Fassade und als Hingucker dreieckiges gelbes Giebel-Relief. 

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Die Gebäude der alten Brotfabrik stammen aus dem Jahr 1908. Errichtet hatten sie die Konsumgenossenschaften „Fortschritt“ und „Solidarität“. Diese wurden 1933 von den Nazis verboten, ihr Vermögen beschlagnahmt. 1934 wurde der Komplex vom Duisburger Unternehmen „Im Brahm“ übernommen. Dieses produzierte dort bis 1983. Danach sollte die Brotfabrik abgerissen werden, doch Bürger und Denkmalschützer protestierten. Seit 1985 steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Die Wohnstätte erklärte sich 1999 zu einer Grundsanierung bereit. „Im Brahm“ ist heute ein kleines Kulturzentrum, so viele kreative Mieter wohnen dort. 2019 wurde die Brotfabrik an den Willicher Immobilienunternehmer Christian Paschertz verkauft.

Weinbrennerei Dujardin

Der Blick in den Innenhof der Weinbrennerei Dujardin in Uerdingen zeigt linkerseits Büros, daneben Gastronomie und Wohnungen. 

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Die Firmengeschichte der Weinbrennerei Dujardin geht zurück auf die Familie Melcher, die seit 1780 eine Konzession zum Brennen von Schnaps besaß. Als 1983 die Nachfrage nach Spirituosen immer mehr sank, schloss die Brennerei. „Die Gebäude waren alt, aber in einem überraschend guten Zustand“, stellte 2005 Firmenerbe Matthias Melcher fest. Und die Gebäude „atmen lebendige Geschichte“. Er beschließt, die Gebäude zu erhalten, zu sanieren, dort unter anderem ein Museum einzurichten.  Im vergangenen Jahr ist der letzte Teil zu neuen Loft-Wohnungen ausgebaut worden. Es gibt nun dort Ateliers, Büroräume, Wohnungen, das Museum sowie eine Gastronomie.   

Investor Bernd Krükel im ehemaligen evangelischen Gemeindehaus an der Kronenstraße vor Glasfenstern des Künstlers Georg Meistermann.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Bunker am Marienplatz

Im ehemaligen Bunker am Marienplatz in Fischeln sind 30 Eigentumswohnungen entstanden. 

Foto: Andreas Bischof

Jahrzehntelang ungenutzt stand der alte Bunker am Altmühlenfeld in Fischeln. Der imposante Schutzbunker war im Zweiten Weltkrieg als Zufluchtsort für 3000 Menschen gebaut; bis zu 5000 beherbergte er in Zeiten der heftigsten Bombenangriffe auf Krefeld.  Die Fischelner Hambloch Projektentwicklungs GmbH hat ihn nach einer zweijährigen Planungsphase und anfangs etlichen Bedenken der Fischelner Schützen wegen Lärmbelästigung zu der Wohn- und Geschäftsanlage Marienhof umgebaut und dafür elf Millionen Euro investiert. 2020 sind die ersten Mieter eingezogen.

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