Wohnstätte kauft Direktoren-Domizile
Die 80 Jahre alten Backstein-Häuser an der Paul-Schütz-Straße in Bockum sollen für 2,5 Millionen Euro modernisiert werden.
Krefeld. Ein architektonisches Backstein-Kleinod aus der Zeit der Weimarer Republik hat die Stadttochter Wohnstätte kürzlich erworben. Der westliche Abschnitt der Paul-Schütz-Straße in Bockum liegt zwischen Grenz- und Gneisenaustraße. Zu dem Komplex gehören die Hausnummern 1 bis 16 und die Häuser Gneisenaustraße 80 und 86 sowie Grenzstraße 137 und 147. Die Häuser sind denkmalgeschützt. Die Straße ist nach dem evangelischen Pfarrer Schütz (1839-1919) benannt, der von 1866 bis 1910 als Geistlicher in Krefeld tätig war.
Anfang 1930 fasste der Architekt Arnold Esch (1885 - 1935) im Auftrag des Deutschen Evangelischen Volksbundes (1849 - 1962) die Häuser mit insgesamt 58 Wohnungen zu einem einheitlichen Komplex zusammen. Die Wohnungen hatten von Anfang an Luxusstatus. Die meisten Häuser wurden lediglich von je zwei Mietern bewohnt. Die ersten Bewohner waren Direktoren, Prokuristen, Studienräte, Architekten, Polizeioffiziere oder Kaufleute.
An der Gneisenau- und Grenzstraße übernehmen die vier dreigeschossigen Eckhäuser die Funktion von Kopfbauten und symbolisierten auf beiden Straßenseiten eine Torsituation. Die für den Expressionismus üblichen Formen finden sich auch in den spitzwinkelig vorstehenden drei Fenstererkern im südlichen Bereich. Auch die Kunstschmiedegitter in den rund gestalteten Eingangstüren sind bis auf eines im Original erhalten.
Warum aber Esch mit dem rechtwinkelig angelegten Eingang von Nummer 3/5 die runde Formgebung verlassen hat, bleibt ein Rätsel. „Vielleicht ist ihm das Geld ausgegangen“, lacht Cornelia Schubert, die mit ihrem Mann in Nummer 16 wohnt. Während die Fassadengestaltung des Architekten noch Formen des Jugendstils nachhing, lehnte er sich bei der Innenarchitektur der Wohnungen stärker dem Bauhausprinzip „die Form folgt der Funktion“ an.
Davon zeugen u.a. die breiten Fensterfronten, die Zentralheizung, die zahlreichen und praktischen Ablage- und Aufbewahrungselemente, wie die teilweise versenkten Einbauschränke. Terrazzoböden und Speisekammern gehörten ebenso dazu. Im nördlichen Bereich hat der Architekt großzügige Balkone südlich ausgerichtet. Die Wohnungen haben drei bis fünf Räume. Auch Cornelia Schubert lobt: „Die Wohnungen sind alle sehr schön geschnitten und praktisch.“ Allerdings klagten mehrere Mieter im östlichen Eckhaus über Feuchtigkeit.
Der Straßenabschnitt befindet sich noch weitestgehend in ihrem ursprünglichen Zustand: Im Zweiten Weltkrieg wurden zwei der 19 Gebäude zerstört. Sie konnten aber Anfang der 50er Jahre stilgetreu rekonstruiert werden. Deplaziert hingegen wirken die wuchtigen Müllcontainer, die in den letzten Jahren rabiat in die erhöhten Vorgärten gesetzt wurden. An der Grenzstraße sind ein Frisör und ein Blumenladen integriert.
Die Wohnstätte kündigte Investitionen von rund 2,5 Millionen Euro für Wärmedämmung, neue Fenster und für Balkone an der Rückseite an. Alle Modernisierungsschritte erfolgen in enger Abstimmung mit den städtischen Denkmalschützern.