WZ-Gespräch mit Polizeipräsident Rainer Furth: "Drogenszene auf dem Theaterplatz schrumpft"
Nach dem Leipziger Urteil sieht Polizeipräsident Rainer Furth keine Handhabe für eine Videoüberwachung. In der südlichen City spitzt sich die Lage zu.
Krefeld. Das grundsätzliche Ja des Bundesverwaltungsgerichts zur Videoüberwachung sorgt bei der Krefelder Polizei nicht für ein Umdenken. Das hat Polizeipräsident Rainer Furth im WZ-Gespräch klargestellt. Die Richter hatten über einen Fall an der Hamburger Reeperbahn zu entscheiden, wo sich eine Anwohnerin wegen der Überwachung des Kriminalitätsschwerpunktes in ihren Grundrechten eingeschränkt sah. Die Kontrolle haten die Richter jedoch für gerechtfertigt. Daraus ergebe sich aber keineswegs das Recht, nun auch den Theaterplatz mit Kameras zu überwachen, betont Furth.
Wann eine Videoüberwachung erlaubt ist, regeln die Polizeigesetze der Länder. „Und da ist unseres mit dem konkreten Fall durchaus vergleichbar“, so Furth. Und das regelt eindeutig: Eine Videoüberwachung ist zum einen nur erlaubt, wenn es regelmäßig zu Straftaten kommt. „Es legt aber auch fest, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen müssen, dass auch nach Installation der Kameras weiterhin Straftaten geschehen.“ Und damit sei nicht zu rechnen: „Ich bin mir sicher, dass sich die Szene einen neuen Platz sucht.“ Somit sei die Überwachung per Kamera schlicht nicht erlaubt. Zudem würde das sehr stark Personal binden: „Bei einer Überwachung rund um die Uhr an 365 Tagen sind das sechs Stellen“, rechnet Furth vor — zusätzliches Personal würde die Behörde dafür aber nicht erhalten.
In den vergangenen drei Jahren hat die Polizei jeweils exakt 13 Razzien auf dem Theaterplatz durchgeführt. „Das bedeutet 1000 Personalstunden pro Jahr“, macht Furth deutlich. Aufgrund der identischen Zahl der Einsätze sind die Feststellungen gut vergleichbar. Demnach ist die Zahl der insgesamt festgestellten Personen um mehr als 100 gesunken: Waren es 2009 noch 520, so wurden in 2011 noch 417 gezählt. Die Zahl der Auswärtigen sank in dieser Zeit von 160 auf 92 — sie werden vor allem wegen der abschreckenden Wirkung mit einem Platzverweis belegt, damit es keinen Tourismus aus anderen Städten auf die Krefelder Platte gibt.
Auf dem Theaterplatz wurden jedes Jahr gerade mal 22 bis 28 Verkaufseinheiten Heroin — so genannte Bubbles — sichergestellt, was in etwa der Grammzahl gleich kommt. Auch Messer fand man, aber keinesfalls verbotene: „Das sind meist Taschenmesser, die uns meist freiwillig auf Nachfrage ausgehändigt werden. Wir machen das wegen der Alkoholisierung ihrer Besitzer — die können die Messer am nächsten Tag wieder auf der Wache abholen“, sagt Rainer Furth.
Angesprochen auf die Schwerpunkte der Polizeiarbeit in der Innenstadt, verweist Furth auf Probleme in der südlichen Innenstadt: Aggressionen, Gewalt und Kriminalität rund um die Großdiskotheken. „Uns sind dort 2009 und 2010 jeweils 700 Körperverletzungen bekanntgeworden. Allein im ersten Halbjahr 2011 waren es schon 400“, so der Polizeipräsident. Raubüberfälle gab es 84 (2009), 90 (2010 und 48 (erstes Halbjahr 2011). Im Vergleich zum Theaterplatz um ein Vielfaches höher liegen die Drogenstraftaten, die rund um die Diskotheken festgestellt werden: 344 in 2009, 221 in 2010 und 123 im ersten Halbjahr 2011. „Diejenigen, die wir in der südlichen Innenstadt erwischen, machen tagsüber einen anderen Eindruck als die Menschen auf dem Theaterplatz“, sagt Furth. „Dort haben wir es mit sozial und gesundheitlich verelendeten Menschen zu tun.“
Die Polizei zeige deshalb insbesondere Freitag- und Samstagabends starke Präsenz in der südlichen Innenstadt. Weitere Schwerpunkte seien zudem in diesem Jahr die Bekämpfung der Wohnungseinbrüche, deren Zahl enorm gestiegen sei, und die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern im Straßenverkehr.