Bauhaus-Jubiläum Festakt für eine unalltägliche Bauhütte
Krefeld · Der Pavillon des Künstlers Thomas Schütte wurde gestern bei einem Festakt einstimmig gefeiert. Der Bildhauer hatte den Entwurf geschenkt. Die Ausführung ist eine perfekte Konstruktion aus Holz und riesigen Schrauben im Kaiser-Park.
Christiane Lange, die Urenkelin des Seidenfabrikanten Hermann Lange, von dem auch das heutige Museum Haus Lange stammt, wirkte gestern wie erleichtert. Fünf Jahre hatte sie an der Idee für einen Pavillon im Bauhaus-Jahr gearbeitet, hatte Gelder gesammelt, Forscher zu unendlichen Diskussionen gebracht und einen der besten Künstler der Welt für ihr Projekt gewonnen. Nun wurde im Beisein des Oberbürgermeisters und Kulturdezernenten Frank Meyer die Eröffnung des Schütte-Pavillons im Kaiser-Park gefeiert.
Wer diese willensstarke und ideenreiche Frau kennt, weiß, dass sie nicht in den Klischees heutiger Bauhaus-Apostel denkt. „Die Bauhaus-Lehrer waren alles Bildhauer. Sie waren Akteure und Aktivisten der zeitgenössischen Kunst. Das Bauhaus war zeitweilig sehr radikal, auch chaotisch“, sagte sie zur Begrüßung. Und Julian Heynen, der einstige stellvertretende Direktor der Krefelder Museen, ein Querdenker wie sie, meinte am Vortag bei einer internen Feier leicht ironisch: „Der Bauhausstil taucht heute in jedem x-beliebigen Möbelprospekt oder bei Ebay auf. Bauhaus scheint Moderne zu sein. Aber der Pavillon von Thomas Schütte ist anders.“ Und Schütte selbst: „Ich muss ja nicht nur den Gläubigen, sondern auch die Ungläubigen überzeugen.“ Er begegnet dem Stil mit weißen Wänden und rechteckigen Räumen distanziert
Künstler Thomas Schütte nennt sein Werk eine „Liebhaberei“
Schütte hat den Entwurf gespendet. Er nennt derlei Entwürfe eine „komplett Liebhaberei“ und fügt hinzu: „Wenn man so eine Chance kriegt wie hier in Krefeld, wo alle mitziehen, dann macht man es. Man muss nur die richtigen Leute finden.“ Diese Helfer waren die Vertreter der Gerda-Henkel-Stiftung, der Kulturstiftung Krefeld, der Landesregierung, der Verseidag und natürlich der Stadt, die diesen wunderschönen Platz am See im Kaiserpark zur Verfügung gestellt hatte.
Der Künstler aber, der dem Festakt nicht beiwohnte, weil er seine eigene Ausstellung auf der Kulturinsel Hombroich einweihte, begründet seine Schenkung mit dem lakonischen Satz: „Es ist ein gutes Gefühl für einen Künstler, sich nützlich zu machen“ Ein toller Satz in einer Zeit, wo es bei der Kunst allzu oft um eine Gewinnmaximierung geht.
Die Fachleute am Bau aber wurden gestern von den Ehrengästen fast überrannt. Dabei hatte Lars Klatte als Miteigentümer des Architekturbüros RKW und längst ein Freund des Künstlers, im Verbund mit Konrad Krogmann, dem Holzbauspezialisten, ganze Arbeit geleistet. Klatte erklärte: „Das Tolle an dem Haus ist, dass es ein temporärer, demontierbarer Pavillon ist. Von den Ecken des achteckigen Grundrisses sind mit großen Schraubenziehern bis zu zwei Meter lange Schrauben in die Erde gedreht worden. Darauf steht das Ganze. Wir brauchten kein Fundament. Wir müssen das Haus nur eines Tages wieder auseinanderschrauben und an einen anderen Ort stellen. Wir haben keinen Mutterboden abgeräumt und keine Wiese verletzt.“
Das Publikum ist begeistert. Rita Kersting, Vize-Chefin des Museums Ludwig in Köln, behauptete: „Man geht glücklicher und bereicherter wieder heraus als man eingetreten ist.“ Annette Pöllmann (93), die einst bei den Bauhäuslern Elisabeth Kadow und Georg Muche studiert hatte, bevor sie selbst Professorin an der Textilingenieurschule in Krefeld wurde, erklärte: „Typisch Bauhaus, das heißt im Grunde genommen, eigene Ideen zu entwickeln und nicht so zu handeln wie vor hundert Jahren. Thomas Schütte hat diese Aufgabe brillant gelöst.“ Und Harald Hullmann, Staatspreisträger für Design: „Ich dachte, ich würde einen rechteckigen Raum erleben, und ich treffe auf Kojen. Es ist eine schöne Situation, nach oben zu gucken in die Lichtkuppel. Sie wirkt etwas römisch.“ Lars Klatte fasste beim Festakt zusammen: „Der Schütte-Pavillon ist ein sehr eigenständiges Werk, eine Mischung aus temporärem Haus und Nomadenzelt. Es kopiert nicht den nächsten Schuhkarton.“ Er bekam viel Beifall. Konrad Krogmann werden die Ohren geklungen haben. Denn mit den Brettsperr-Elementen aus Fichte , mit einem geschwungenen, auskargenden Dach hat er ein Meisterwerk realisiert.