Den Weltuntergang überleben hat seinen Preis
Der Eigentümer eines Atombunkers in Erkrath plant, Plätze für 500 Euro zu vermieten — an alle, die glauben, dass am 21. Dezember die Welt untergeht.
Erkrath. Der Weg in die Sicherheit führt über eine schmale Treppe und durch eine Stahltür. Erst auf den zweiten Blick fällt die 50 Zentimeter dicke, tonnenschwere Stahltür auf, die — in einer Wandvertiefung versteckt — aus einer Tiefgarage einen Atombunker machen oder Zuflucht vor dem drohenden Weltuntergang am 21. Dezember 2012 bieten kann.
Mitten im Erkrather Stadtteil Unterfeldhaus liegt der Bunker unter der ehemaligen Zentrale der im Jahr 2000 in Insolvenz gegangenen Firma Bast Bau. Auto- und Immobilienhändler Rochus Geissel übernahm das Objekt 2005. „Wie die Jungfrau zum Kind“, sagt er, sei er an das Gebäude gekommen — per Zufallsfund im Internet. Vom Bunker unter dem heute als Bürozentrum genutzten Gebäude ist der 51-Jährige fasziniert.
1984 fertiggestellt, 4000 Quadratmeter groß, vier große Hallen mit Platz für 1000 Menschen. In Friedenszeiten als Tiefgarage genutzt, hätte diese — falls der kalte Krieg heiß geworden wäre — in kürzester Zeit zum Schutzraum umgebaut werden können.
Dann wären die mehr als zehn Tonnen schweren Schutztore an den Einfahrten und Treppenabgängen verschlossen, Luftfilter eingesetzt und der vor Erschütterungen geschützte Stromgenerator angeworfen worden. Zugang zum Bunker hätte es dann nur noch durch eine Sicherheitsschleuse mit Strahlungsmesser und Dekontaminationsdusche gegeben.
Ob die Menschen in der Zuflucht ein schönes Leben hätten führen können, ist fraglich. „Ich würde lieber draußen stehen und mir den Blitz ansehen“, sagt Geissel beim Bunkerrundgang mit Hausmeister Ole Seemann.
Denn den Bunkerbewohnern hätte ein hartes Leben bevorgestanden: Es ist kühl, die Luft ist feucht, die Decke niedrig. Die Einrichtung für den Notfall besteht aus Feldbetten, Chemietoiletten und Blechwaschbecken an der Wand. An allen Gegenständen haftet der Muff einer längst vergangenen Zeit. Zu essen hätten die Bunkerbewohner kalte Konserven bekommen. Komfort, Privatsphäre? Fehlanzeige.
Dazu käme die Ungewissheit über den Zustand der Welt vor den Panzertüren, über das Schicksal von Familie und Freunden. „Wir reden hier vom nackten Überleben“, sagt Rochus Geissel. Länger als vier Monate hätte dieses nackte Überleben ohnehin nicht gedauert. Denn spätestens dann wären die 15 000 Liter Diesel des Stromgenerators aufgebraucht gewesen, und den Bunkerbewohnern wäre die Frischluft ausgegangen.
Die Zeiten der atomaren Bedrohung sind zum Glück vorerst vorbei. Doch die Tage des Bunkers als Schutzraum sind noch nicht gezählt. „Wer weiß, ob man den nicht noch mal braucht“, sagt Hausmeister Ole Seemann, der im Bunker jeden Knopf kennt.
Wenn es nach den Plänen von Rochus Geissel geht, ist es durchaus möglich, dass Ole Seemann den zuletzt 1990 auf Dichtigkeit geprüften Bunker funktionstüchtig schalten muss. Denn die Weltuntergangspropheten kündigen noch für dieses Jahr die Apokalypse an — praktisch, wer da einen Bunker zur Hand hat, in dem Überlebensplätze vermietet werden können.
Für den Schnäppchenpreis von 500 Euro lässt sich in Erkrath das Erbgut über die Apokalypse hinüberretten. „Wir haben von einem Menschen gelesen, der in Dresden Bunkerplätze vermietet“, sagt Geissel. Zusammen mit seinem Grafiker dachte er sich: „Warum nicht auch hier?“ Mittlerweile wirbt eine Webseite für den Schutzraum mit den dicken Mauern. Geissel: „Man weiß ja nie, was kommt.“
Wie aber soll ein Atombunker, der selbst im Falle eines Atomkrieges nur kurz Schutz geboten hätte, vor einem Weltuntergang schützen, von dem man nicht weiß, in welcher Form er kommen wird? Rochus Geissel lächelt verschmitzt: "Ein Geschäft ist das nicht. Ich nehme das nicht so ernst", sagt er. "Aber ich tue das auch nicht einfach so ab." Immerhin, so sagt er, soll es zu der Zeit ja auch eine noch nie dagewesene Planetenkonstellation geben. "Wer weiß, was passiert. Wenn nichts passiert, feiern wir hier die große Überlebensparty."