Die große Scheu vor der 110
2012 wurden in Erkrath 99 Straftaten mehr begangen als 2011. Die Polizei denkt, dass noch mehr Delikte aufgeklärt werden könnten — doch viele Zeugen greifen nicht zum Telefon.
Erkrath. 21. August 2012, gegen 11.40 Uhr an einem Mehrfamilienhaus am Schlieperweg in Hochdahl. Ein 61 Jahre alter Gebäudereiniger stürzt beim Putzen eines Fensters im ersten Obergeschoss auf die Terrasse des Hauses. Er verletzt sich schwer, ist nicht mehr ansprechbar. Die alarmierten Rettungskräfte und der Notarzt können ihn noch am Unglücksort reanimieren.
In der Zwischenzeit landet der angeforderte Rettungshubschrauber auf einem Feld in der Nähe. Die Polizeibeamten sperren die Hauptstraße zwischen Bahnhof und Schimmelbuschstraße für die Rettungsmaßnahmen immer wieder komplett ab. Dennoch kann dem Mann nicht mehr geholfen werden. Er stirbt kurze Zeit später am Unglücksort.
Warum er abstürzte, konnte nicht ermittelt werden. Auch wenn die Polizeibeamten nicht direkt mit der Versorgung des Mannes zu tun hatten, wirkt so ein Einsatz nach. „Das ist auch für uns kein alltäglicher Einsatz, vor allem dann nicht, wenn ein Mensch zu Tode kommt“, sagt Wolfgang Busch, Wachbereichsleiter für Erkrath und Hilden.
Zur Kriminalitätsstatistik 2012 sagt Busch zusammenfassend, dass Erkrath nach wie vor ein sicheres Pflaster ist. „Aber jede Tat ist eine Tat zu viel“, sagt er. Das gelte besonders bei Wohnungseinbrüchen. „Jede Tat führt zu Verunsicherung“, so Busch.
2556 Straftaten wurden im vergangenen Jahr im Stadtgebiet begangen, 99 mehr als 2011. Gleichzeitig stieg die Aufklärungsquote von 38,3 Prozent auf 42,6 Prozent in 2012. „Die Zahlen schwanken von Jahr zu Jahr“, sagt Busch. Die Zahl der Wohnungseinbrüche sank beispielsweise von 169 auf 163 im vergangenen Jahr, aufgeklärt werden konnten aber nur 8,6 Prozent der Fälle (2011: 10,7 Prozent). „Das hängt immer davon ab, wie die Bürger mitspielen“, sagt Busch. Deren Beobachtungen und Hinweise seien oft entscheidend.
So wie im September des vergangenen Jahres, als eine aufmerksame Zeugin die Polizei verständigte, als sie zwei Männer an der Bongardstraße dabei beobachtete, wie sie in einen Kiosk einbrechen wollten. Die Beamten konnten die bereits bei der Polizei bekannten Männer in Tatortnähe festnehmen. „Ich würde mir manchmal noch mehr Hinweise wünschen“, sagt Busch. „Ich habe den Eindruck, dass viele Angst davor haben, die 110 zu wählen.“ Dabei koste der Anruf nichts und werde immer ernst genommen — „solange wir nicht auf den Arm genommen werden“, sagt Busch.
Mit der sinkenden Zahl an Wohnungseinbrüchen liegt Erkrath im kreisweiten Trend, auch die Zahl der Versuche ist gesunken, ihr Anteil lag bei 36,8 Prozent und damit 1,7 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr.