Freiheitsstrafe für Handyräuber
Wiederholt hatten die zwei Angeklagten, von denen nur einer zum Berufungstermin erschien, Passanten Handys abgezockt.
Erkrath/Wuppertal. Warten, dem Angeklagten hinterher telefonieren, Verhandlung unterbrechen: Was sich kürzlich vor der Jugendgerichtskammer des Wuppertaler Landgerichts abspielte, glich einem absurden Theater. Eigentlich auf der Anklagebank: Zwei junge Männer, die mitten in der Nacht am Millrather Bahnhof drei Jugendlichen ihr Handy abgezockt hatten.
Gekommen war allerdings nur einer der beiden, dem anderen war die Sache offenbar auf den Magen geschlagen. Nachdem im Verhandlungssaal schon alle auf sein Erscheinen warteten, meldete er sich telefonisch auf der Geschäftsstelle des Gerichts. Er habe einen Magen-Darm-Virus und stehe gerade im Flur einer Arztpraxis. Als der Richter kurz darauf erneut bei ihm anrief, stand er dort immer noch. Es folgten weitere Anrufe seiner Verteidigerin und des Richters, die Namen der angeblich behandelnden Ärzte wechselten stetig. Irgendwann hatte der Angeklagte den Telefondienst an einen Freund delegiert, der auf erneute Nachfrage des Gerichtes mitteilen ließ, dass sich der Angeklagte nun im Wartezimmer eines Facharztes befinde.
Dort wurde ihm Stunden später dann doch noch eine Bescheinigung der Verhandlungsunfähigkeit ausgestellt. Derweilen war der Mitangeklagte pünktlich zur Berufungsverhandlung gekommen. Auch er musste bis zum Mittag warten, um dann zu erfahren, dass sein Verfahren nun abgetrennt werde und gegen den Freund in einem separaten Verfahren weiterverhandelt werden soll. Wenn er denn kommt. „Wenn nicht, droht ihm der Erlass eines Haftbefehls“, stellte der Richter unmissverständlich klar. Schon beim ersten Verhandlungstag hatte eine erhebliche Verspätung des Angeklagten zu Unmut geführt. Zuvor hatte er bereits den sachverständigen Gutachter mehrmals versetzt. Einen guten Eindruck dürfte er mit einem solchen Verhalten wohl kaum hinterlassen haben. Und eigentlich wäre das bei einem Berufungsverfahren durchaus angemessen gewesen — schließlich bemüht sich seine Verteidigerin darum, dass das ursprünglich verhängte Strafmaß von drei Jahren Freiheitsstrafe reduziert oder möglicherweise auf Bewährung ausgesetzt wird.
Nachdem das Verfahren gegen den Freund und Mittäter zuerst abgekoppelt und dann zu Ende verhandelt werden konnte, steht dort mittlerweile das Urteil fest: Drei Jahre und vier Monate Freiheitsentzug. Das sind nur zwei Monate weniger, als im erstinstanzlichen Urteil des Mettmanner Amtsgerichts gegen ihn verhängt wurden. Sein Verteidiger äußerte Bedenken an einem derart hohen Urteil für wiederholten Handyraub: „Durch eine Haftstrafe wird ein junger Mann aus sozialen Bezügen herausgerissen. Wohnung, Freundin: Das ist nach der Haft alles weg und möglicherweise gibt es Schulden.“