Krimi-Lesung: Mordsmäßige Eisenbahnfahrt
Zwei Krimi-Autoren lehren ihr Publikum bei der Lesung in einem Waggon am Lokschuppen das Gruseln.
Hochdahl. Auf engstem Raum sitzen knapp 30 Besucher dicht beieinander. Udo Kampschulte erklärt, dass in diesem Waggon einst Gleisbauarbeiter in Doppelstockbetten schliefen. „Wer weiß, was hier drin schon alles passiert ist?“, fragt der Vorsitzende vom Lokschuppenverein geheimnisvoll in die Runde.
Dann wird das Licht ausgeschaltet, vorne auf einem kleinen Tisch beleuchten lediglich einige Kerzen den Waggon. Durchdrungen wird die Stille nur von in unregelmäßigen Abständen vorbeifahrenden Zügen. Es ist ein Geräusch, das den gruseligen Gesamteindruck noch verstärkt.
Dann plötzlich hören die „Fahrgäste“ eine angenehme Frauenstimme. Es ist die von Patricia Vohwinkel, die sich an diesem Freitagabend im Lokschuppen allerdings „Die Gift“ nennt. Ihr Autorenkollege Stephan Peters ist „Der Galle“. Noch sitzt er selbst im Publikum und lauscht seiner Kollegin, wie sie aus ihrem Werk „Blutnacht“ vorliest.
Ihre Kurzgeschichten sind nichts für schwache Gemüter. „Schritt, Herzschlag. Schritt, Herzschlag.“ Eine Frau ist auf dem Weg zu einem Mann, der ihre Liebe und Sehnsucht nicht erwidert. Auf dem Weg zu seinem Haus wird ihre Zerrissenheit und Psychopathie deutlich.
Angekommen, schläft sie mit dem Mann, der zu diesem Zeitpunkt bereits regungslos auf dem Bett liegt. Kurz zuvor hat sie ihn vergiftet. Die Zuhörer schauen sich angesichts der plastischen Schilderungen wohlig schaudernd an.
Nicht anders ergeht es ihnen bei der zweiten Geschichte, in der eine Frau am Vorweihnachtsabend plötzlich Besuch von einer ehemaligen Schulfreundin bekommt. Schwangerschaft, geheimnisvolle Dialoge und eine blutige Stricknadel sind die Eckpfeiler dieser Geschichte, bei der das Ende offenbleibt und der Fantasie der Zuhörer überlassen wird.
Für den humorigen Aspekt war „Der Galle“ zuständig. Zwar wird auch in seinen Geschichten gestorben, gemordet, betrogen und gelogen, allerdings auf eine solch skurrile Art und Weise, dass die Zuhörer herzhaft lachten. Die Geschichten von Stephan Peters leben von einer eindringlichen Beschreibung der Umgebung und ihrer Detailbesessenheit.
In seinem Werk „Die Hexe von Gerresheim“ wird zu Beginn erzählt, dass Katja von Stahl diejenige ist, die im Düsseldorfer Stadtteil ihr Unwesen treibt. Fesselnd bleibt es dennoch. Gekonnt lockt sie einen 20-jährigen Rocker in ihr Haus, verführt ihn und kettet ihn ans Bett. Dann verschwindet sie im Bad. Wieder zurück, trägt sie schwarze Gummistiefel, eine Operationsmaske und eine Metzgerschürze mit entsprechendem Instrumentarium. Das anschließende Martyrium des Mannes wird dermaßen eindringlich geschildert, dass alleine die Worte fast schon körperliche Schmerzen bereiten.
Die Zuhörer waren begeistert und applaudierten den beiden Protagonisten nach deren abschließendem Stück, einer Lesung mit schauspielerischen Einlagen aus dem Buch „Götterdämmerung“ von Jost Jostjok, an dessen Ende Patricia Vohwinkel ihren Kollegen Peters — natürlich - genüsslich umbringt.