Erkrath Große Hilfe für den Neustart in der Fremde
Erkrath. · Die vierköpfige Familie Attal/Najib ist aus Krieg und Zerstörung in Syrien nach Deutschland gekommen. In Erkrath haben sie dank Unterstützung eine neue Heimat gefunden.
Pfarrer Christoph Biskupek kann sich noch genau erinnern: Am 4. Februar 2005 landete das Flugzeug aus dem syrischen Damaskus, das die vierköpfige Familie Attal/Najib aus Syrien an Bord hatte. Ein Datum, an das sich auch Ahmad Samer Attals Schwester und Schwager immer erinnern werden. Und natürlich die Familie, die Krieg und Zerstörung erlebt und ihr Haus in der Nähe des Zentrums der syrischen Hauptstadt verloren hatte.
„Dass die Familienzusammenführung klappte, ist zahlreichen Mitgliedern der beiden katholischen und evangelischen Kirchengemeinden Erkraths zu verdanken. Mit ihren Spenden sorgten sie dafür, dass wir die Bürgschaft für die Familie übernehmen konnten“, so der Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Franziskus. In einer von deren Wohnungen fand die Familie auch eine Wohnung.
„Unser Dank gilt auch der Stadt Erkrath, die uns bei den Formalitäten geholfen hat“, so der Geistliche weiter, der betont, dass kein Euro aus dem Vermögen der Gemeinden oder aus der Kirchensteuer in die Bürgschaft geflossen sei. Denn es gab natürlich auch kritische Stimme, innerhalb und außerhalb der beteiligten Gemeinden. Diesen entgegnet der engagierte Pfarrer auch heute, nachdem die Familie schon lange finanziell unabhängig von ihren Bürgen oder staatlichen Stellen ist: „Wir haben allen bewiesen, dass Gastfreundschaft nicht nur eine Worthülse für uns Christen ist. Wir haben den berühmten Ausspruch unserer Kanzlerin ‚Wir schaffen das‘ mit Leben gefüllt und ein Zeichen gegen alle gesetzt, die Hass säen, hier bei uns oder auch in den Ländern, aus denen die Flüchtlinge zu uns kommen“, so Biskupek weiter.
Sie sind sich sicher, dass man mehr als eine Heimat haben kann
Ihre Dankbarkeit hat die Familie in einem anrührenden Dankesbrief, der in allen vier Gemeinde-Blättern veröffentlicht wurde, zum Ausdruck gebracht. Alle vier haben außerdem von Anfang an danach gestrebt, sich in ihrer neuen Heimat zu integrieren. „Man kann mehr als eine Heimat haben“, ist Ahmet Samer Attal sicher, der in Syrien Umwelttechnik studiert und in diesem Bereich vor dem Krieg gearbeitet hat.
Kommende Woche absolviert er nach einer Verkürzung um ein halbes Jahr seine Prüfung zum Orthopädie-Techniker In seinem Ausbildungsbetrieb in Haan fühlt er sich sehr gut angenommen: „Wir sind ein tolles Team“, sagt er. Seine Frau Rana Najib, die Kunst und Handarbeit auf Lehramt studiert und in Syrien an der Schule unterrichtet hat, gibt nicht nur an der Erkrather Volkshochschule, sondern auch in Düsseldorf Kurse im Kreativbereich.
In diesem VHS-Semester können Erkrather außerdem bei ihr lernen, wie man syrisch kocht. „Ich habe auch eine Ausbildung zur Kosmetikerin gemacht. Leider ist es schwer, als Muslima, die ein Kopftuch trägt, in diesem Bereich eine Anstellung zu bekommen“, berichtet Rana Najib, die sich auch ehrenamtlich in verschiedenen Vereinen engagiert. Ihre gefüllten Weinblätter sind auf keiner Feier mehr wegzudenken. Leider lässt sich Christoph Biskupek spontane Idee, sie könne doch einen eigenen Salon für Muslima aufmachen, nicht umsetzen: Das sei leider nicht erlaubt nach den Regeln für Flüchtlinge aus Syrien, so Rana Najib. Aber vielleicht findet sich bald ein Salon, der ihre Kompetenz zu schätzen weiß und sich so einen neuen Kundenstamm erschließen möchte.
Ihre 16-jährigen Zwillinge Nagham und Omar konnten dank der intensiven Nachhilfe in Deutsch durch verschiedene Gemeindemitglieder bereits auf das Hochdahler Gymnasium wechseln. Er könne sich daran erinnern, wie entsetzt Mutter Rana über die Einschulung an der Carl-Fuhlrott-Hauptschule gewesen sei, erzählt Christoph Biskupek. Dies sei allerdings üblich, wenn Flüchtlingskinder hier in die Schule kommen. Schnell fanden sie viele, vor allem deutsche Freunde und gehen neben der Schule ihren Hobbies nach.
Nagham spielt gerne klassische Gitarre. „Ich bin an der Musikschule hier in Erkrath“, erzählt die 16-Jährige. Ihr Bruder ist sportlich unterwegs: Basketball und Fitness sind seine Leidenschaft. Gefragt, was sich die beiden für die Zukunft wünschen, denken beide weiter als an die eigene: Weltfrieden lautet Naghams Antwort und ihr Bruder fügt hinzu: „Ich würde gern für andere ein Vorbild sein, um ihnen zu zeigen, dass man es in einem erst fremden Land schaffen kann.“
Mit Hilfe natürlich, da sind sich alle vier einig und sehr dankbar für die Unterstützung, die sie von verschiedenen Mitgliedern der Franziskus-
Kirchengemeinde erhalten haben. Auch heute unterstützt Johannes Hoffmann sie regelmäßig, wenn es um Post von verschiedenen Behörden geht.