Überfallen an der eigenen Haustür: Die Angst nach den Schlägen bleibt

Das Ehepaar, das an der eigenen Haustür von falschen Pizzaboten überfallen wurde, ist wieder zu Hause. Die WZ hat es besucht.

Hochdahl. Eine Minute ist kurz. Für zwei Männer, von denen bis heute jede Spur fehlt, hat sie ausgereicht, um ein Hochdahler Ehepaar krankenhausreif zu schlagen und ihnen jedes Gefühl von Sicherheit zu rauben.

Im ersten Moment wirken Ditmar K. und seine Ehefrau Zeynep gelassen. Die 48-Jährige sitzt auf dem Sofa, hinter ihr sind die Jalousien heruntergelassen, am helllichten Tag. Sie erzählt vom vergangenen Montagabend: „Sie haben mir ins Gesicht geschlagen, eine Waffe an den Kopf gehalten. Ich dachte, ich würde sterben.“

Zeynep K. spricht schnell, sagt, sie sei eine starke Frau, habe schon viel durchgemacht. „Vor 28 Jahren war es noch nicht normal, dass eine türkische Frau einen deutschen Mann heiratet“, sagt sie. Sie schaffe alles gemeinsam mit ihren Kindern und ihrem Mann. „Das habe ich bis gestern gedacht.“ Sie stockt, ihr steigen Tränen in die Augen, sie schlägt die Hände vors Gesicht. „Entschuldigung“, flüstert sie.

Am Montagabend hatte es an der Haustür der Familie geklingelt, in einer beschaulichen Reihenhaussiedlung am Rande der Willbeck, in der die Familie seit 17 Jahren lebt. „Es war 22.20 Uhr. Wir warteten auf unseren Sohn Samed“, sagt Ditmar K. (52).

Statt des Sohnes stand da jedoch ein Fremder. „Ihre Pizza“, soll er gesagt haben, eine schwarze Box in der Hand. „Ich hatte gar keine bestellt“, sagt Ditmar K., „da schoss schon eine zweite Gestalt hoch. Beide hatten Kapuzen weit ins Gesicht gezogen. Sie drängten mich ins Haus, schlugen mir mit einer Pistole auf den Kopf.“

Ditmar K. trug Platzwunden davon, zwischen dem grauen Haar schimmern die Wunden und Nähte durch. Seine Frau hat ebenfalls Verletzungen auf dem Kopf, im Gesicht, ein blaues Auge, Prellungen am Arm. „Als ich sein Geschrei hörte, bin ich zur Tür gekommen. Ich dachte, er streitet sich mit unserem Sohn“, sagt Zeynep K., „aber dann haben sie schon auf mich eingeschlagen.“ Auf allen Vieren konnte sie aus dem Haus robben, flüchtete zu den Nachbarn, die die Polizei riefen.

Am Donnerstag ist das Ehepaar aus dem Krankenhaus entlassen worden. „Ich bin noch krankgeschrieben“, sagt er. „Mir brennt der ganze Kopf.“ Seine Frau will am Montag wieder arbeiten. „Ich muss unter Leute“, sagt sie. „Ich fühle mich im eigenen Haus nicht mehr wohl. Ich zucke zusammen, wenn etwas herunterfällt oder es klingelt.“

Auch Ditmar K. wird von einem flauen Gefühl im Magen begleitet: „Ich drehe mich ständig um“, sagt er. „Als wir gestern nach Hause kamen, sind die Bilder wieder hochgekommen.“

Er drückt auf die Wiedergabetaste des Anrufbeantworters — die Türklingel ist an die Telefonanlage gekoppelt; als wieder und wieder geklingelt wurde, sprang das Gerät an. Grelle Schreie von Zeynep K. und das tiefe Brüllen ihres Mannes sind zu hören, dazwischen dumpfe Schläge. Warum die Täter sie angegriffen haben, davon hat das Ehepaar keine Vorstellung. „Wir haben keine Feinde, keine Schulden. Es wurde nichts gestohlen“, sagt Zeynep K.

Das Paar will sich in psychologische Behandlung begeben — und eine Videokamera installieren lassen. „Die Angst sitzt tief. Aber wir können ja nicht das Haus verkaufen“, sagt sie. „Wir wollen hier alt werden.“