Leben Erkrath war einst berühmt für seine Rosen

Erkrath. · Lang, lang ist’s her, dass die Stadt, eines Züchters sei Dank, jeden Sommer Heimat duftender Blütenteppiche war. Der Name einer Bushaltestelle kündet noch davon.

Gut Aue Hasenkämper

Foto: Christoph Zacharias

Eine so schöne Rose muss doch herrlich duften, denken wir, und versenken unserer Nasen erwartungsvoll in das rötliche Blütenmeer, das im Eingangsbereich eines Erkrather Gartencenters so verlockend arrangiert ist. Aber weit gefehlt. Das hübsche Gewächs verweigert das olfaktorische Erlebnis, gibt sich stattdessen leicht muffig. Und dann erfährt man auch noch von der amüsierten Verkäuferin, dass es sich nicht um eine Rose, sondern um ein Pflänzchen der Gattung Nieswurz handelt, das bloß Christrose genannt wird, weil es um Weihnachten herum blüht. Ach – wie schnöde ist die Welt.

Eine Rose, die eigentlich keine ist, und deswegen auch nicht duftet, können wir indes, weil Weihnachten ist, gerade noch so durchgehen lassen. Aber eine Rose, die eine ist, und trotzdem nicht duftet, bleibt doch immer eine Enttäuschung. Mag sie, also die Rose, auch noch so schön sein. Warum den meisten Rosen der betörende Geruch abhanden gekommen ist?

Weil der Wunsch der Verbraucher (seltsames Wort, wenn es um Blumen geht) nach längerer und häufigerer Blütezeit oder kräftigeren Farben genetisch ziemlich unvereinbar ist mit einem ausgeprägten Duft, erklärt die Blumenhändlerin. Rund 90 Prozent aller Züchtungen verlören den Duft ihrer Eltern und der Rest rieche völlig anders, als seine Vorgänger. Rosen, die noch duften, hätten oft sehr zarte Blütenblätter, was den Transport heikel mache. Sie müsse eben robust und schön sein, die (Schnitt-)Rose, die aus vieler Herren Länder auch nach Erkrath kommt, und daher als Zugeständnis an ihre Transportfähigkeit nicht oder kaum noch duftet.

Das Gebäude Rosenberg ist eines der ältesten Häuser in Erkrath

Da war Erkrath in Sachen Rosenduft doch einmal bedeutend besser dran. Man kann es noch riechen, wenn man (zur Freilandrosen-Blütezeit) an der Haltestelle „Rosenberg“ in Alt-Erkrath auf den Bus wartet. Denn in deren unmittelbarer Nähe hat jemand einen Rosenstrauch gepflanzt, rosarot und duftig – bewusst oder unbewusst als Erinnerung daran, das ganz in der Nähe, hinter dem Haus Rosenberg am Brockerberg (Teil der heutigen Neanderstraße vor dem Abfall zur Gink hin), einmal Rosen gezüchtet wurden. Wie muss das geduftet haben!

Das Gebäude „Rosenberg“ an der Neanderstraße 7 ist eines der ältesten Häuser in Erkrath. Mit ausgebautem Dachgeschoss und Läden an allen Fenstern war (und ist) es ein stattlicher, solider Bau, der von einem Landwirt vermutlich um 1830 errichtet worden war, mit Holz und Steinen und Lehm aus der Umgebung. Die nachfolgenden Generation setzten die landwirtschaftliche Tradition fort, bis Haus und Äcker Ende 1889 an einen Gärtner namens Joseph Raudenkolb (und seine Frau Louise) aus Unterfranken verkauft wurden. Raudenkolb pflanzte keine Kartoffeln, sondern eine Spezial-Rosenkultur, für die er sogar ein beheiztes Gewächshaus errichten ließ. Ende 1892 ist dann im Haus „Rosenberg“ eine Gastwirtschaft eröffnet worden, die der parallel betriebenen Rosenzucht wegen „Zum Rosenberg“ genannt wurde. Als der Sohn des Hauses nicht mehr aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrte, wurde die Wirtschaft zunächst verpachtet, später aber von Tochter Louise übernommen, die daraus wieder eine angesehene Restauratin und ein Gartenlokal machte. Sie heiratete zwischendurch noch einen Herrn namens Franz Lohn und bekam Kinder, darunter einen „Benno“ genannten Sohn namens Bernhard, dem Vater des heutigen Besitzers Benno Lohn.

Ausgeschenkt wird dort aber seit Oktober 1972 nichts mehr und Rosen muss man jetzt im Laden kaufen, weil die ehemaligen Felder allesamt verkauft und verbaut sind. Verbrochen hat das der Erbe des Hauses Benno Lohn, der noch ein Gemälde zu Hause hat, das den einst so prächtigen Rosengarten zeigt – wenn man es nur lange genug anschaut, ist einem, als könne man sie doch noch ­riechen.