20 Jahre Einsatz mit der Kelle - Der Schülerloste

Norbert Bönisch sorgt seit zwei Jahrzehnten dafür, dass 40 Kinder sicher zur Schule kommen. Am Freitag bedankten sie sich mit einem Ständchen.

Haan. Immer mehr Kinder kommen auf Norbert Bönisch zu und drücken ihm eine Blume in die Hand. Schnell entsteht ein ganzer Strauß, den der 75-Jährige kaum noch halten kann. Denn unter all den Blumen steckt auch noch seine Kelle. „Da kommen noch zwei Kinder“, ruft eine Lehrerin und nimmt ihm die Kelle — und damit auch die Arbeit — ab. Während sie die Schüler am Kreisverkehr Kölner-/Wilhelmstraße über die Straße leitet, darf der Schülerlotse ausnahmsweise auch mal rasten.

Seit 20 Jahren streift sich der Haaner an Schultagen um kurz nach 7 Uhr seine gelbe Warnweste über, schnappt sich die Kelle und fährt zu seinem Einsatzort kurz vor der Don-Bosco-Schule. So auch Freitagmorgen. Was er nicht ahnt: Etwa 40 Schüler haben sich am Kreisverkehr versammelt, um ihm ein Ständchen zu bringen. Kathrin Biermann, Lehrerin an der Don-Bosco-Schule, hat das Lied „Zebrastreifen“ von Rolf Zuckowski umgetextet und mit den Kindern geprobt.

Es heißt jetzt „Der Schülerlotsen-Song“ und lobt die Arbeit des treuen Helfers im Straßenverkehr. Eine Strophe lautet: „Wie komm’ ich hier nur rüber jetzt? / Das ist doch heute wie verhext! / Doch dann seh’ ich zur rechten Zeit / Herrn Bönisch stehen gar nicht weit“. Im Refrain wird der Haaner als „Schülerlotse, Frühaufsteher“ besungen.

Fällt ihm das Aufstehen wirklich immer so leicht? Norbert Bönisch lacht und schüttelt den Kopf: „Nein, ganz und gar nicht“, sagt er, „ein paar Mal habe ich auch verschlafen.“ Fast immer hat er es dann doch noch rechtzeitig an die Wilhelmstraße geschafft. Nur zweimal, da waren die Kinder schon weg, als Bönisch ankam. „Manchmal war ich auch krank“, erinnert sich der 75-Jährige. Dann hat ihn seine Frau Gudrun vertreten.

Lange überlegen musste Norbert Bönisch nicht, als ihn jemand von der Stadt Haan fragte, ob er Schülerlotse werden wolle. Er hatte damals gerade seine Arbeit als Dreher verloren und Zeit für eine neue Aufgabe. Gut erinnert er sich an seinen ersten Einsatz. „Es war kalt an dem Morgen. Früher waren die Winter ja noch kälter“, erzählt Bönisch. Ausgemacht hat ihm das nichts. Denn draußen ist er ohnehin immer gern. Entweder im eigenen Garten oder zu Fuß zum Einkaufen in der Stadt.

In 20 Jahren hat er viel erlebt. „Gutes und Schlechtes“, wie er sagt. Einmal seien zwei Mädchen beinahe von einem Auto gestreift worden, das plötzlich über den Bürgersteig fuhr. Ein anderes Mal war ein Junge einfach auf die Straße gerannt, ohne sich umzuschauen. Meist ging es glimpflich aus. Nur einmal hat ein Autofahrer einen Fahrradfahrer übersehen. Er wurde leicht verletzt.

Am Montag wird er wieder an seinem Kreisverkehr stehen. Bei Frost in zwei langen Unterhosen, gefütterten Schuhen, dickem Pulli und warmer Jacke. Wenn es ganz kalt sein sollte, wird auch seine Kelle „angezogen“ sein: mit einer wärmenden Socken. Damit die Leuchtdioden nicht schlappmachen. Um kurz nach 8 Uhr wird seine Arbeit getan sein. Erst dann gibt es Frühstück.