Waldorf-Berufskolleg: Technik, Tanz und Töpfern
Das neue Waldorf-Berufskolleg in Gruiten ist zwar technisch ausgerichtet, bietet aber noch mehr.
Gruiten. Die Waldorfschule in Gruiten ist den meisten ein Begriff, gibt es sie doch bereits seit 25 Jahren. Aber das es an selber Stelle seit eineinhalb Jahr nun auch ein Waldorf-Berufskolleg gibt, scheint für viele neu zu sein.
„Eine Anwohnerin der Prälat-Marschall-Straße, also eine direkte Nachbarin unserer Schule, zeigte sich überrascht, als sie davon hörte“, sagt Katrin Driesen-Glittenberg, Geschäftsführerin der Waldorfschule.
Dabei wurde im vergangenen Sommer ein eigener, voll renovierter Gebäudetrakt eingeweiht. Dort stehen den Schülern des Berufskollegs neben einem modernen neuen Unterrichtsraum mit Computerarbeitsplätzen, interaktiver Tafel und einem naturwissenschaftlichen Vorbereitungsraum auch neue Sanitäranlagen zur Verfügung. Mit rund 100 000 Euro ist die Maßnahme aus Eigenmitteln der Schule finanziert worden.
Zurzeit profitieren erst insgesamt 18 Schüler in zwei Jahrgängen von den neuen Räumlichkeiten des Berufskollegs mit Schwerpunkt Physik-, Chemie- und Biologietechnik. „Pro Klasse würden wir ohnehin allerhöchstens 24 Schüler unterrichten, besser sind 20“, sagt Driesen-Glittenberg. Dennoch wirbt die Geschäftsführerin um neue Schüler.
Der erste Schuljahrgang findet nur positive Worte: „Der Unterricht ist durch weniger Schüler viel persönlicher, und die Lehrer sind motiviert, uns alle durch die Prüfungen zu bringen“, sagt Alex Panusch, der zuvor am Gymnasium Monheim war. „Wenn ich etwas nicht verstehe, kann ich auch nach dem Unterricht fragen, und es wird noch einmal erklärt“, ergänzt Mitschülerin Lena Decken, einziges Mädchen ihrer Klasse.
Das gute Lernklima sieht auch Schulleiterin Astrid Gottschalk als Vorteil des Berufskollegs. „Mit dem Namen Waldorf schreiben wir uns auf die Fahne, näher am Schüler dran zu sein. Hinzu kommt, dass nicht nur die technisch-naturwissenschaftlichen Fächer unterrichtet werden, sondern neben der Eurythmie beispielsweise auch Schauspiel, Fechten und Töpfern.“
Gerade mit dem Waldorf-typischen Fach Eurythmie, dem expressiven Tanz, täten sich anfänglich ehemalige Schüler anderer Schulformen schwer. „Aber die Hemmschwelle ist schnell abgebaut“, sagt Gottschalk, und die jungen Leute wüssten das umfängliche Angebot des Kollegs zu schätzen.
Trotz der Zuordnung zur Waldorfschule erreichen die Schüler am Berufskolleg die allgemeine Fachhochschulreife, die für ein Studium, nicht nur technischer Art, an einer Fachhochschule befähigt.
„Wir sind eine staatlich anerkannte Ersatzschule, unsere Schüler müssen am Ende dieselben Prüfungen absolvieren wie an staatlichen Berufskollegs“, sagt die Schulleiterin. Während im ersten Jahr durch Praktika an drei Tagen pro Woche der Praxisanteil gesichert wird, ist das zweite Jahr ein reines Lernjahr.
Weil es sich um eine private Schule handelt, wird nur ein Teil der Ausgaben staatlich refinanziert. Demnach ist von den Schülern ein Beitrag zur Eigenleistung nötig, „der nach sozialen Gesichtspunkten berechnet wird“, erläutert Geschäftsführerin Driesen-Glittenberg. Und sie fügt hinzu: „Niemand wird aus finanziellen Gründen ausgeschlossen, wenn er Interesse an unserem Berufskolleg hat.“