Einkehr im „Hotel zur Krone“
Die Geschichte der 1907 verschickten Postkarte führt über die Mittelstraße hinaus.
Hilden. Ein sehr geschichtsträchtiges Haus zeigt die Postkarte, die WZ-Leser Heiner Klausgrete der Redaktion zur Verfügung gestellt hat: das „Hotel zur Krone“ an der Mittelstraße 17.
Das Fachwerkhaus wurde im 17. Jahrhundert gebaut und 1959 abgerissen. An seiner Stelle entstand ein Jahr später das Kaufhaus „Central“. Dem folgten später die Warenhäuser Karstadt (1972), Hertie (2007), City-Kaufhaus (2010) und schließlich Gooran (2011).
Die Postkarte wurde am 27. April 1907 verschickt. Empfänger war Peter Lindner in Bonn. Absender waren sein Onkel Nicola, seine Tante Tinchen und deren Sohn Peter. Ihre in altdeutscher Schrift geschriebenen Zeilen hat WZ-Leser Wilfried Krüll aus Hochdahl entziffert. Er ist Mitglied im Düsseldorfer Verein für Familienkunde und lieferte die Transkription der handschriftlichen Mitteilung.
Den vor mehr als 100 Jahren geschriebenen Zeilen ist zu entnehmen, warum die Absender gerade diese Postkarte verschickt haben: Ihnen ging es nicht um das „Hotel zur Krone“, sondern um das Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
Dort, an der Mittelstraße 14, stand einst eine katholische Pfarrschule. Peter, der Sohn des Absenders, ging dort zur Schule und war — nach den Worten seiner Eltern — „noch immer so fleißig wie früher“.
In den Niederbergischen Beiträgen gibt es in Band 57 eine „Chronik der katholischen Pfarrschule in Hilden“. Darin ist vermerkt, dass es am 9. April 1907 insgesamt 362 Schüler an der Schule gab. Gebaut und bezogen wurde sie im Jahr 1825.
Ein Jahr nach dem Versenden der Ansichtskarte verließen alle Schüler die Pfarrschule neben der St. Jacobus-Kirche. Sie wurden fortan im neu gebauten Schulgebäude an der heutigen Augustastraße (damals noch Buchenstraße) unterrichtet.
Zurück ins Jahr 1907: Es begann mit dem am 1. Januar vom damaligen Reichskanzler Bernhard Fürst von Bülow veröffentlichten Silvesterbrief, in dem Kaiser Wilhelm II. zur Bekämpfung der Sozialdemokratie und der Zentrumspartei aufrief. Bei den Reichstagswahlen am 25. Januar erhielten die Sozialdemokraten dennoch mehr Stimmen als bei der Wahl vier Jahre zuvor.
Nicht überliefert ist, wie sich die durch den Zusammenbruch des Aktienmarktes der New Yorker Börse am 7. März 1907 ausgelöste Wirtschaftskrise auf die Geschäfte von Johann Peter Jansen ausgewirkt hat. Er war zu diesem Zeitpunkt der Inhaber des „Hotels zur Krone“, über das es im Hildener Stadtarchiv eine Fülle von Informationen gibt.
Beispielsweise ist in alten Zeitungsberichten zu lesen, dass sich der damalige Bürgermeister Albert Koennecke und der Gemeinderat dort zu politischen Beratungen trafen. Als Sitzungsort hatte sich das Gebäude bereits im 18. Jahrhundert bewährt, als dort das Landgericht tagte. Zudem wurde am 5. Juni 1919 im Hotel das Kino „Moderne Lichtspiele“ eröffnet, das später unter „Central Theater“ und „Hildener Volkstheater“ firmierte.
Während der Straßenname „Am Kronengarten“ heute noch an die alte Gaststätte erinnert, ist das auf der Postkarte ebenfalls abgebildete Haus an der Mittelstraße 19 gänzlich in Vergessenheit geraten. Nach dem Hildener Adressbuch von 1907/1908 wohnte dort das Kinderfräulein Anna Hegmann.
Möglicherweise ist sie auch mit der vor ihrem Haus verkehrenden Straßenbahn nach Benrath, Vohwinkel oder Ohligs gefahren. Vielleicht hat sie sogar noch deren letzte Fahrt im Jahre 1962 erlebt.