Afghane hat Spaß an deutschem Handwerk
Qurban S. macht ein sechswöchiges Praktikum als Zerspaner in der Firma von Klaus Fechner.
Hilden. Michael Walther und Fabian Milde sind nachdenklich. Nein, zu seiner Vergangenheit haben sie ihrem Kollegen Qurban S. bis jetzt noch keine Fragen gestellt. „Ich glaub’ nicht, dass das schön war, was er alles erlebt hat“, überlegt Azubi Fabian Milde.
Qurban S.wäre durchaus bereit, über sich und seine Vergangenheit zu erzählen: Im September 2015 kam der heute 28-Jährige nach monatelanger Flucht über die Türkei, Griechenland und die Balkan-Route nach Deutschland. Geboren und aufgewachsen ist er in Zentral-Afghanistan, einem muslimisch geprägten Land. Bei einem Aufenthalt in Indien lernte er über seinen Schwager das Christentum kennen — und konvertierte.
2008 wurde er christlich getauft. Das sollte sein Leben grundlegend ändern, denn als Mensch, der dem Islam abgeschworen hat und von Strenggläubigen ernsthafte Folgen für sich und seine Familie zu befürchten hatte, konnte er nach Afghanistan nicht mehr zurückkehren. So wanderte er zunächst in den Iran aus, wo er als Fliesenleger arbeitete. Doch dort „konnte ich meinen Glauben nicht leben. Ich bin ein Christ, aber ich konnte in keine Kirche gehen, keine Gemeinde finden. Es gab keine Bibel, keinen Gottesdienst“, erzählt Qurban S. in fast fließendem Deutsch. Das bewegte ihn dazu, in Richtung Europa auszuwandern — um schließlich in Deutschland anzukommen.
Mittlerweile lebt er in Mettmann, hat dort Anschluss an die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde gefunden. Ihr gehört auch der Hildener Unternehmer Klaus Fechner an, der Qurban (seinen Namen möchte er aus Angst vor Repressalien für sich und seine Familie nicht nennen) als freundlichen und ausgeglichenen Menschen kennengelernt hat. „Einmal sollte Qurban vom Flüchtlingslager in Mettmann in eine andere Stadt umsiedeln. Aber wir haben von der Kirchengemeinde interveniert und ihn wieder zurückgeholt“, erzählt Fechner. Qurban lebt mittlerweile in einer Wohnung der Gemeinde, lernt Deutsch mit Angehörigen der Gemeinde, absolviert sogar innerhalb eines „pastoralen Integrationsprogramms“ ein Fernstudium, dank dessen er sich in drei Jahren „internationaler Pastor“ nennen darf. Schon jetzt hilft er bei Gottesdiensten mit.
Doch er muss auch Geld verdienen. „Das Handwerkliche macht mir Spaß“, sagt Qurban S., daher gab Klaus Fechner ihm die Chance und gab ihm in seiner Firma für Zerspanungstechnik ein Praktikum. Fünf von sechs Wochen hat Qurban bereits absolviert, eine Woche hat er noch vor sich. Eine längere Verweildauer im Betrieb ist nicht erlaubt, solange der Aufenthaltsstatus von Qurban noch nicht geklärt ist. Registriert ist er bereits, aber „mein Gespräch mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge steht noch aus“, sagt Qurban, und man merkt ihm sein Bedauern darüber an, dass es nicht so recht weitergehen will mit seiner Ausbildung. Weiter Deutsch lernen, immerhin, das will er tun. Klaus Fechner würde jederzeit wieder einen Flüchtling einstellen. Und er ermuntert seine Mitarbeiter, das Gespräch mit Qurban zu suchen. Wer weiß, vielleicht nutzen sie in der kommenden Woche ja noch die Gelegenheit dazu.