Hilden/Haan Beim Besuch der Künstler-„Tatorte“ gibt es viel zu lernen

Hilden/Haan · 130  kreative Menschen im Kreisgebiet hatten am Wochenende in ihre Ateliers eingeladen. Allein in Hilden waren 19 „Neanderland-Tatorte“ geöffnet.

Hans-Joachim Uthke in seinem Atelier im vierten Stock eines Wohngebäudes.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Tatorte werden häufig sonntags besucht. Meist dreht es sich dann um Krimis im Fernsehen. Genauso spannend kann es aber auch sein, die Orte künstlerischen Schaffens zu besuchen. Insgesamt 130 kreative Menschen im Kreisgebiet hatten am Wochenende in ihre Ateliers eingeladen. Allein in Hilden waren 19 geöffnet. Nicht immer entsprechen die Räume, in denen Kunst entsteht, den klassischen oder gar romantischen Vorstellungen. Wir deshalb zwei Künstler an ihren ausgefallenen „Tatorten“ besucht: Hans-Joachim Uthke und Claudia Godec.

Er ist seit Jahrzehnten bekannt für seine feinen, eher kleinformatigen Grafiken, sie leitet eine Kreativwerkstatt und malt großflächig und äußerst farbenfroh. Auch die Arbeitsräume der beiden Kreativen könnten nicht unterschiedlicher sein. Hier schlichte Wohnung, dort opulentes Wohnzimmer. Da war viel Spannung angesagt.

An den Wänden hängen
Zirkel und Lineale

Hoch oben im vierten Stock eines Wohngebäudes im Hildener Westen hat Uthke seit Februar letzten Jahres seine neue „Schaffenswerkstatt“ eingerichtet. Eine schlichte Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung. „Ich hatte früher vier Ateliers. Das letzte 14 Jahre in Haan“, erzählt er nicht ohne Stolz. Deshalb sei er auch oft als „Haaner Künstler“ bezeichnet worden. Aber: „Künstler sein hört ja an einer Ortsgrenze nicht auf.“ In Uthkes Atelier ist sofort zu spüren, dass der Mann sein Handwerk versteht. An den Wänden hängen wohlgeordnet neben vielen gerahmten, eher kleinformatigen Werken, Zirkel und Lineale. Alte Briefwagen und Anspitzer, kleine Arbeitstische, feine Pinsel, Aquarell-Farbkästen und Metallplatten vervollkommnen den Eindruck, dass hier einer mit spitzer Feder arbeitet. Mit spitzer Zunge übrigens auch, denn Uthke pflegt seine Liebe zu Aphorismen. Gerade ist sein Buch „Die Schwerkraft des Wortes“ – Aphorismen, Notate und Zeichnungen erschienen. Viel lernen kann man bei einem Besuch dieses besonderen Tatortes auch: Etwa, wie man mit Holz druckt oder auf Rostpapier. Oft sind Uthkes Werke symbolisch, häufig auch mit feinsinnigem Humor und Ironie zu verstehen: „Weil ich hinter die Dinge schaue.“, kommentiert der Mann, der 1943 in Westpreußen geboren wurde und „damals schon Kunst studieren wollte“. Das Geld dafür verdiente er sich in der Wirtschaft. Man muss sich also nicht wundern, wenn in seinen Grafiken ein Fisch mit Regenschirm auftaucht, oder ein Tür-Schloss mit Schmetterling.

Ganz anders geht es bei Claudia Godec zu. Ihr Arbeitsplatz ist das exklusiv eingerichtete Wohnzimmer im ersten Stock eines alten Hauses an der Heiligenstraße. Überall leuchten dem Besucher großformatige, abstrakte Gemälde entgegen. Atelier? „Ich male hier an meinem Glastisch“, erklärt die Gastgeberin.

Seit 16 Jahren lebt und arbeitet sie mitten in der Stadt. Kerzen, Musik und Blumen würden zu ihrer individuellen Atelier-Stimmung gehören. Godec sieht ihre Bilder und Objekte als farbige Botschaften von Licht und Schatten des Lebens. Das abstrakte Bild, erklärt sie, brauche Gefühl und Erleben, vor allem aber den Mut, beides ins Abstrakte zu führen.

Bei genauerem Hinsehen entdeckt der Betrachter dann auch, dass beispielsweise hinter dem dunkel-orange-roten „Weltenweiter Wanderer“ tatsächlich ein Mensch angedeutet ist. Man sieht „Zauberbäume“, die in keinen realen Himmel wachsen oder „Sommerwind“, der auf Leinwand durchaus zweiteilig und vielfältig grün wehen kann. Für die „Tatorte“ hat sich Claudia Godec noch eine Partnerin ins Haus geholt: Claudia Klatt-Haase. Zusammen mit ihr hat sie ein Gemeinschaftsbild gestaltet, und wer die Treppe in den ersten Stock ersteigt, begegnet der „Vorfreude“ – auf den Frühling. Pastell-Farben und florale Elemente haben beide Frauen miteinander und in verschiedener Auffassung mit Acrylfarben auf eine große Leinwand gebracht. Sie sei eher dem Gegenständlichen zugewandt, erklärt Klatt-Haase ihren Blumen-Beitrag auf dem Bild. Diese Kunst konnten Besucher auch im liebevoll gestalteten Innenhof betrachten.

Hier präsentierte Klatt-Haase, die hauptberuflich Gymnasial-Lehrerin in Benrath ist, viele ihrer Bilder, die sich mit dem Thema Wasser beschäftigen. Gemeinsam hatten beide Frauen unter einem Pavillon auch für eine Kunstaktion „Friedenstauben“ geworben. Das Bild, an dem sich Besucher kreativ beteiligen konnten, soll demnächst als Begrüßung für Flüchtlinge im Container-Dorf aufgehängt
werden.