Ein echter Picasso — mit Bild
Hobby: Jochen Wabnitz sammelt Autogramme. Mehrere Tausend Unterschriften bekannter Persönlichkeiten nennt er sein Eigen.
Haan. Angefangen hat alles mit zwei Politikern: Ein Klassenkamerad erzählte dem damals knapp 16 Jahre alten Jochen Wabnitz, dass er an Theodor Heuss und Konrad Adenauer mit der Bitte um Autogramme geschrieben habe. Es sei aber keine Antwort gekommen. Das weckte den Sportsgeist unter den Schulfreunden — und der Teenager Jochen versuchte es selbst einmal. Bis heute weiß er nicht warum, aber die Autogramme der beiden deutschen Politiker erreichten ihn. Sie weckten eine Leidenschaft, die bis heute anhält.
Das anfängliche Glück blieb ihm dabei sein Leben lang hold: „Wir stehen in einem Trödelladen vor einer riesigen Bücherwand“, sagt Ehefrau Brigitte. „Und mein Mann greift sich aus der Menge ganz gezielt ein Buch heraus — darin befindet sich eine handschriftliche Unterschrift des Geigers Yehudi Menuhin. Ich frage mich selbst, wie er das macht.“ Die Autogramme scheinen auf fast magische Weise ihren Weg zu Wabnitz zu finden.
Mehrere Tausend Exemplare sind fein säuberlich in seinem Archiv abgeheftet. Zu jeder Unterschrift gehört auch ein Blatt mit Erläuterungen: Wer war die ehedem so berühmte Person, die heute nur noch Spezialisten kennen? Nach und nach entsteht so ein Bild der Zeit, taucht der Betrachter durch die Briefe und Karten in eine ferne Epoche ein. So ist ein kleiner Ordner Offenbachs Operette „Orpheus in der Unterwelt“ gewidmet. Als Wabnitz den originalen Programmzettel der Uraufführung von 1858 sein Eigen nennen konnte, machte er sich daran, handschriftliche Dokumente von jedem Sänger zusammenzutragen, der damals mitwirkte.
In der deutschen Sammlerszene ist der Haaner natürlich bekannt. Die Kollegen wissen um seine Vorlieben — ebenso wie er um ihre. Da wird eifrig getauscht und gehandelt. Oft hat Wabnitz auch selbst Prominente angeschrieben und um deren Unterschrift gebeten. Noch als Jugendlicher wandte er sich an Künstler, die in der Regel äußerst selten Autogramme gaben. Auch bei ihnen hatte Wabnitz Glück: Ob Hemingway oder Picasso, Dali oder Albert Schweitzer — ihre Unterschriften sind Teil seiner Sammlung.
Besonders liegen ihm Künstler am Herzen. Mit den Repräsentanten der Düsseldorfer Szene ist er zum Teil sogar persönlich bekannt, und der Gang durch sein Haus erinnert an einen Museumsbesuch. „Beuys antwortete einmal auf einen Brief von mir nicht mit einem, sondern gleich mit 17 Autogrammen“, erinnert sich Wabnitz. Über seine Frau hat er auch verwandtschaftliche Beziehungen zu Emil Barth, von dem er eine Sammlung signierter Bücher und Briefe besitzt. Mit ihr wandelte er einstmals auf den Spuren des Dichters. Sie tauchten ein „Im Zauber von Paris“ und besuchte die Orte, die Barth in diesem Werk beschrieben hatte. Wieder haben ihm die Handschriften so den Weg in eine andere Welt gewiesen.