Nach Freibadbesuch Frau aus Wuppertal schlägt Eichenprozessionsspinner-Alarm
Hilden/Wuppertal · Bilder zeigen es: Der Enkel einer Wuppertalerin ist mit Pusteln übersät. Nun kritisiert sie ein Bad in Hilden.
„Das Waldbad muss geschlossen werden!“ Ursula Brandes ist sauer. Der Enkel der Wuppertalerin, der dreijährige Taylor Ayden, ist über und über mit juckenden Pusteln übersäht. „Er weint viel, vor allem nachts“, sagt Brandes. Taylor war mit seiner Familie am Sonntag im Hildener Waldbad schwimmen. Dort, so sagt Ursula Brandes, hat das Jucken angefangen.
Schuld ist der Eichenprozessionsspinner, hat der Hautarzt am Montag bestätigt. „Als ich Taylor morgens das T-Shirt ausgezogen habe, war sein ganzer Körper voller Ausschlag. Wir haben erst an die Masern oder die Windpocken gedacht“, sagt Brandes. „Das Schlimme: Die Stadtwerke wussten schon seit einer Woche, dass sie den Eichenprozessionsspinner haben.“ Sie postet ein Foto von Taylors Bauch bei Facebook und empört sich über das Verhalten der Stadtwerke-Verantwortlichen. Dieser Beitrag ist mehr als 3000 Mal geteilt und unzählige Male kommentiert worden. „Hauptsache die Eintrittsgelder kommen rein. Der Rest ist denen wohl scheinbar egal“, ist nur einer der Kommentare, von denen einige in diese Richtung gehen.
„Auf meinen Beitrag haben sich mehr als 50 Menschen bei mir gemeldet, die ebenfalls am Sonntag im Waldschwimmbad waren und auch diese Pusteln haben“, erklärt Ursula Brandes. „Ich habe am Montag bei den Stadtwerken angerufen, um sie auf den Eichenprozessionsspinner hinzuweisen“, sagt sie. Das Gespräch sei zunächst freundlich verlaufen: „Bis der Mann dann sagte, dass er bereits seit einer Woche davon wüsste. Ich war schockiert und habe mich aufgeregt“, sagt Ursula Brandes. Es sei eine Unverschämtheit, seit einer Woche davon zu wissen, aber noch nicht einmal einen Warnhinweis am Eingang anzubringen, damit jeder Badegast selbst entscheiden könne, ob er sich der Gefahr aussetzt. „Taylor kann ich eincremen, damit es weniger juckt – was ist aber mit Allergikern oder Asthmatikern? Bei ihnen können die Haare einen Schock hervorrufen, sie können daran sterben.“ Den Stadtwerken wirft Ursula Brandes vor, ihrer Verantwortung gegenüber den Gästen nicht gerecht zu werden. „Das Waldbad muss geschlossen werden, bis die Gefahr vorüber ist.“
Stadtwerke haben umgehend
eine Fachfirma beauftragt
„Es stimmt, wir haben Anfang vergangener Woche mehrere Nester des Eichenprozessionsspinners entdeckt. Aber wir haben umgehend eine Fachfirma mit der Beseitigung beauftragt“, erklärt die Sprecherin der Stadtwerke Hilden, Sabine Müller. Nach der Beseitigung sei der gesamte Eichen-Bestand auf dem Waldbad-Grundstück abgesucht worden. „Wir haben kein weiteres Nest entdeckt“, sagt Müller. Seitdem suchten die Mitarbeiter täglich nach den Raupen, aber es gebe keine neuen Funde. Bei dem Telefonat zwischen Stadtwerke-Mitarbeiter und Ursula Brandes sei es offenbar zu einem Missverständnis gekommen. „Wir haben das Problem vor einer Woche erkannt und umgehend gehandelt. Sicherheit geht vor“, sagt Müller. Danach habe es keine Eichenprozessionsspinner mehr im Waldbad gegeben. „Aber wir können nur für das Waldbad sprechen – was im Stadtwald um uns herum passiert, können wir nicht beeinflussen.“
Am Dienstagvormittag hat das Gesundheitsamt das Waldbad untersucht. Das Ergebnis laut Stadtwerke: Kein Befall durch Eichenprozessionspinner. „Wir werden trotzdem einen Teilbereich der Liegewiese absperren und nochmals eine Spezialfirma beauftragen, alle Eichen abzusuchen“, erklärt Stadtwerke-Sprecherin Sabine Müller. Darüber hinaus haben die Stadtwerke Hinweisschilder an den Eingängen angebracht.
Der Eichenprozessionsspinner ist eine Nachtfalterart. Die Raupen besitzen bis zu 600 000 feine Brennhaare, die extrem leicht brechen und das Gift Thaumetopoein beinhalten. Die Haare werden auch durch den Wind verbreitet. „Solange die kleinen Brennhaare keinen Aufprall auf Haut durchführen, bleiben sie aktiv. Also auch auf die Ferne vom Ursprungsbaum können Hautschäden bei Menschen und Tieren auftreten“, erklärt der Biologe Professor Heinz Mehlhorn. Fallen die Haare auf die Liegewiese, sind sie weiterhin gefährlich für den Menschen. Da bleibe nur: „Rasen mähen und aufsaugen“, erklärt Mehlhorn. Der Insekten-Experte schätzt, dass „die Haare vermutlich auch im Wasser aktiv bleiben“. Aber das müsse man testen.
Das Waldbad liegt mitten im Wald, umringt von vielen Eichen. Können die Stadtwerke sicherstellen, dass ihren Gästen durch die Haare des Eichenprozessionsspinners keine Gefahr droht? „Leider nicht, ohne dass der Betreiber alle Nester auf den Bäumen in unmittelbarer Nähe beseitigen lässt“, erklärt Professor Mehlhorn. Was jedoch außerhalb des Zaunes passiert, liegt nicht mehr im Verantwortungsbereich der Stadtwerke, sondern in dem der Stadt. Die prüft den eigenen Eichen-Bestand seit einigen Wochen stadtweit auf die kleine Raupe.
„Im Hildener Stadtwald stehen weit über 10 000 Eichen, an denen der Eichenprozessionsspinner sich potentiell ansiedeln kann. Um die Gefahr insbesondere für Kinder zu minimieren, entfernt das Tiefbau- und Grünflächenamt alle Nester an Erholungseinrichtungen wie Bänken und Hütten sowie bodentiefe Nester an den Wegen“, erklärt Förster Dennis Anders. Ursula Brandes hat Taylors Fingernägel so kurz wie möglich geschnitten: „Damit er sich nicht noch blutiger kratzt“, sagt sie. Drei bis vier Tage, so hat ihr der Arzt gesagt, halte der Juckreiz an. „Ich gehe zur Polizei und erstatte Anzeige wegen grob fahrlässiger Körperverletzung“, erklärt Ursula Brandes. Außerdem überlegen sie und ihr Mann, die Stadtwerke zu verklagen. „Taylor leidet“, sagt Ursula Brandes.