Stolperstein-Säuberung und Gedenkstunde Hilden erinnert an Opfer der Nazis
Hilden · Mit der Reinigung der Stolpersteine, einer Gedenkstunde im Stadtpark und einem ökumenischen Gottesdienst hat die Stadt am Mittwoch der Opfer der Reichspogromnacht und der Naziherrschaft in Hilden gedacht.
Am 9. November 1938 ziehen Nazis marodierend und mordend durch Hilden. Sieben Menschen sterben in der Reichspogromnacht, werden in den Tod getrieben oder erliegen Wochen später ihren Verletzungen – gemessen an der Einwohnerzahl so viele wie sonst nirgendwo im damaligen deutschen Reich. An die Mordnacht und an die Opfer des Naziterrors erinnerte die Stadt Hilden gemeinsam mit den Kirchengemeinden, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und dem Arbeitskreis Stolpersteine am Mittwoch mit gleich mehreren Aktionen.
Ab 15 Uhr reinigten die Teilnehmer der Aktion die 48 Stolpersteine auf Hildener Stadtgebiet, beispielsweise an der Grabenstraße 2 (Katharina Gammel), an der Gerresheimer Straße 340 (Dr. Siegmund Sommer, Hendrika Grüter) und an der Berliner Straße/Ecke Marie-Colinet-Straße (Sigmund, Bertha, Erna Herz). Mitglieder des Arbeitskreises Stolpersteine, des Jugendparlaments und der Hildener Schulen erinnerten vor Ort an die Ermordeten, trugen Gedichte vor, legten Blumen nieder.
Im Anschluss gingen die Teilnehmer in einem Sternmarsch zur zentralen Gedenkstunde in den Stadtpark. Dort am Gedenkstein erinnerte Bürgermeister Claus Pommer an die Gräueltaten der Nazis: „Die Pogromnacht am 9. November 1938 war nicht nur eine schreckliche Mordnacht, sondern der Auftakt zur systematischen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung und der Menschen, die das Nazi-Regime als ,unwert‘ deklarierte“, sagte er – und erinnerte an den Ablauf der Reichspogromnacht bei uns:
„In Hilden nahmen die furchtbaren Ereignisse in der Novembernacht im Alten Helmholtz-Gymnasium an der Gerresheimer Straße mit einer Veranstaltung der NSDAP ihren Lauf. Viele gingen nach der Veranstaltung zum NS-Treff, dem sogenannten Deutschen Haus an der Benrather Straße 20. Dort begann die Menschenjagd. Viele schauten zu, wenige halfen, die Ordnungsbehörden waren abwesend.“
Zuerst sterben an diesem Abend Eugenie und Ernst Willner, die bis 1937 die Kornbrennerei betrieben haben. Sie wohnen nur 150 Meter vom Deutschen Haus entfernt. Danach ziehen die Mörder durch die Stadt, töten Carl Herz, seine Frau Bertha stürzt aus dem Fenster und erliegt später ihren Verletzungen. Nathan Meyer verletzen die Nazis so schwer, dass er zwei Tage später stirbt. Siegmund Sommer und Hendrika Grüter bringen sich mit Schlafmittel um: „In einem solchen Zustande kann man nicht mehr leben“, soll Siegmund Sommer noch gesagt haben.
Die Gewaltexzesse der Pogromnacht seien nicht vom Himmel gefallen, erklärt Bürgermeister Claus Pommer am Mittwochnachmittag: „Es waren keine spontane Aktionen einiger Radikaler. Dieser Tag steht nicht isoliert, sondern war Teil einer gesellschaftlichen Entwicklung.“ Deshalb sei es so wichtig, auch heute noch daran zu erinnern: „Wir wollen uns erinnern, um die Opfer des Nationalsozialistischen Regime zu ehren. Wir wollen sie nicht dem Vergessen überlassen und ihnen ihre Menschlichkeit zurückgeben. Wir wollen uns erinnern, weil unsere Demokratie nie wieder so schwach werden darf, dass sie Diskriminierung, Rassismus, Nationalismus und Gewalt gegenüber anderen hilf- und wehrlos gegenübersteht.“
Im Anschluss an die Gedenkstunde zogen die Teilnehmer in die Reformationskirche, um dort den „Gottesdienst gegen das Vergessen“ zu begehen.