„Jesus war der einzig praktizierende Kommunist“

Katja Ebstein ist mittlerweile 71 Jahre alt. Doch die Sängerin ist unglaublich vielseitig. Heute singt sie in Hilden.

Foto: dpa

Hilden. „Wunder gibt es immer wieder“ war einer ihrer größten Hits. Auch die Karriere von Katja Ebstein hat viel Wunderbares. Gleich dreimal nahm sie für Deutschland am Grand Prix de Eurovision teil. Sie hat nicht nur Schlager gesungen, sondern auch Pop, Blues, Chanson, Musical. Sie hat Kabarett und Schauspiel gemacht. Mit 71 ist sie auf der Bühne noch so was von präsent. Und wandlungsfähig. Und vielseitig. Davon können sich die Hildener selbst einen Eindruck verschaffen. Heute ist Katja Ebstein in der Hildener Stadthalle zu Gast.

Sie heißen mit Mädchennamen Karin Ilse Witkiewicz. Wie sind Sie zu Ihrem Künstlernamen gekommen?

Katja Ebstein: Den habe ich mir selber ausgesucht. Meine Familie stammt aus Niederschlesien. Unser polnischer Name war für viele nicht lesbar und kaum nachsprechbar. Wir haben in Berlin in der Epenstein- Straße gewohnt. In so weit hatte das was mit mir zu tun. Und Katja war mein Rufname.

Sie spielen in dem Stück „Sister Class“ die Nonne Schwester Marie Claire. An was glauben Sie?

Ebstein: Ich bin welt-religiös, aber Christ. Liebe deine Feinde ist der schwerste Weg. Jesus war schon als Kind mein bester Freund. Ich habe ihn damals für den einzig praktizierenden Kommunisten gehalten. Das können wir Menschen aber nicht leben. Jeder soll sich seinen Weg und seine Wahrheit suchen. Ich tendiere auch zum Buddhismus: Ich meine, jeder Mensch hat das Recht, seinen eigenen Weg zu seiner Wahrheit zu finden. Grundsätzlich halte ich alles für möglich, was die meisten Menschen für unmöglich halten. Es gibt so vieles in den Zwischenräumen, was wir Menschen nicht begreifen. Dieser heute existierende Raubtier-Kapitalismus macht Mensch und Welt kaputt. Noch mehr zu kommentieren erübrigt sich, angesichts der Tatsache, was uns im Moment alles um die Ohren fliegt.

Was ist für Sie Glück?

Ebstein: Glück kann nur eine Momentaufnahme sein, man ist sozusagen im inneren Frieden. Eigentlich wollte ich malen und bildhauern. Brotlose Kunst, hieß es zu Hause. Ausweg wäre Restauratorin gewesen, um für Museen zu arbeiten. Mein Ding war schon immer Spuren zu suchen, in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Singerei kam in Form von United Artists auf mich zu. Die brauchten fähige Sänger — mindestens dreisprachig. Und haben mir einen internationalen Vertrag angeboten. So fing alles an. Und dann war das Ding erfolgreich. Alle Songs aus dem Stück sind meine eigenen, quer durch alle Stile von Blues über Gospel bis zum Musical. Viele haben Lebenshilfe-Texte. Ich wusste gar nicht, dass ich so viele Lieder in Sachen Lebenshilfe im Repertoire habe. Es ist ein amüsantes Coaching zum Selberdenken.