Menschen in Haan: Christian Dörr, der Pfarrer von nebenan
Christian Dörr ist seit zehn Jahren Pfarrer der Haaner Gemeinde — und fühlt sich mit seiner Familie dort richtig wohl.
Haan. Das Pfarrhaus mit Straßenschalter ist eine echte Haaner Besonderheit. Wer wegen einer kurzen Rückfrage bei Pfarrer Christian Dörr am Fenster klopft, ein Papier hinein reicht statt es zu faxen, ist gleich auf Augenhöhe mit seinem Schreibtisch. „Die Leute am Telefon staunen, wenn ich sage: Ich muss mal eben das Fenster auf machen, da kommt ein Fax“, sagt Dörr.
Dörr ist seit zehn Jahren Pfarrer der evangelischen Gemeinde. Das präge das ganze Familienleben, sagt der 40-Jährige: „Sobald wir das Haus verlassen, sind wir nicht mehr privat.“ Das betreffe auch Sohn Jonathan (7), gelte gleichermaßen bei Gängen über den Markt am dienstfreien Donnerstag und bei Besuchen in der Gaststätte Becherhus. „Wir genießen es, dass wir die Leute kennen“, sagt Dörr.
Das denkmalgeschützte Fachwerkhaus am Alten Kirchplatz 13-15 erlaubt eigentlich, Arbeit und Privatleben zu trennen. „Wenn es am Dienstbereich klingelt, müsste ich nicht öffnen“, sagt Dörrs Frau Sonja (40), im Beruf Lehrerin am Haaner Gymnasium. Tatsächlich hängt aber vorn ein Schild: „Hippies use side door“ — Freunde gehen hinten herum. Es sei interessant, wer durch welche Tür komme, sagt Christian Dörr, schmunzelt dabei schelmisch. Über den Hof des 1480 erstmals in einer Urkunde genannten Fachwerkhauses gelangt man durch eine alte Holztür in eine Stube mit Schränken und Truhen aus Großmutters Zeit: „Das ist alles von unseren Familien“, sagen beide.
„Wir versuchen, ein offenes Haus zu haben. Vor allem die 15 Leute aus meinem Jugendteam sind ständig hier“, erzählt der Pfarrer. Aus jedem Konfirmandenjahrgang blieben ein paar in der Gemeinde aktiv — da sei über die Jahre eine richtige Gruppe zusammengekommen: „Die kochen sich hier auch einfach mal einen Kaffee — wir haben das gern.“ Ein Gästezimmer stehe im Pfarrhaus immer bereit, sagt Christian Dörr: „Wir hatten schon durchreisende Musiker da und eine Gruppe aus dem Kongo.“
Kennengelernt haben sich Sonja und Christian Dörr in Wuppertal. Er gehörte von Haus aus zur reformierten Gemeinde Cronenberg - „Aber im Innern war ich immer ein Lutheraner.“ Die reformierte Sicht betone die Distanz Gottes zu den Menschen, die lutherische Richtung beziehe sich auf die Liebe Gottes. Wenige Kilometer von Cronenberg habe er in der — lutherisch geprägten — Gemeinde Küllenhahn Gleichgesinnte gefunden, darunter seine jetzige Frau Sonja. „Wir hatten einen Pfarrer, der uns vollen Rückhalt gegeben hat. In den Jugendgruppen konnten wir uns voll entfalten.“
Die Richtung setze er fort, sagt Dörr, bei seiner ersten Stelle in Uedem am Niederrhein und jetzt in Haan: „Bei Proben für einen Jugendgottesdienst schweifen wir auch schon mal völlig ab.“ Die Kunst sei, insgesamt doch eine Linie einzuhalten, ergänzt seine Frau Sonja. Ob bei einer Schlummer-Party zur Nacht der Kirchen, einem selbst gekochten Dinner für einen guten Zweck oder bei Gitarrenstunden bei Farfarello-Gitarrist Ulli Brand: „Lebensfreude gehört für mich dazu — mit Menschen zusammen an einem Tisch zu sitzen“, sagt Dörr.
Nach zehn Jahren Dienst im gleichen Ort steht für viele Pfarrer eine Versetzung zu Diskussion — bei Dörr ist das anders: „Ich entlaste auf dieser Stelle den Superintendenten Frank Weber. Meine Zukunft in Haan hängt davon ab, dass er wiedergewählt wird.“ Und das sei hoffentlich der Fall. „Wir fühlen uns sehr wohl in Haan“, sagt Dörr.