Narren: Karnevals-Party im Ratssaal
In der Stadt wird das Rathaus gestürmt, in Gruiten feiern 160 Frauen auf der kfd-Sitzung.
Haan. Bereits einige Minuten vor 11.11 Uhr können es die Haanerinnen kaum noch erwarten. „Wir wollen den Schlüssel“, hallt es aus rund 50 Kehlen durch das Treppenhaus des Rathauses. Kurze Zeit später gibt es kein Halten mehr. Wie im Sturm entern Piraten, Leoparden, Mäuse, Pinguine, Elefanten, Sträflinge, Zauberer und Clowns den Ratssaal.
Der Kapitän der MS Haan — in den anderen vier Jahreszeiten besser als Bürgermeister Knut vom Bovert bekannt — muss sich geschlagen geben und übergibt den Schlüssel an das Kinderprinzenpaar Ana und Luca. Spätestens jetzt ist aus dem Ratssaal eine Karnevals-Party geworden. Die Gläser klingen, der Bass dröhnt aus den Boxen und eine Polonaise jagt die nächste.
Unter den Feierwilligen ist auch die kleine Isabell. Gerade einmal 15 Monate ist sie alt, doch bereits jetzt wippt sie auf dem Arm ihrer Mutter im Takt mit. „Was soll sie bei dem Nachnamen auch anderes machen? Sie heißt Kölsch“, sagt Mutter Tanja Galante-Kölsch lachend. Ihr Ehemann hatte sie herausgefordert: „Was wollt Ihr denn in Haan? Da ist nichts los“, habe er gesagt. Das Gegenteil beweisen gerade seine Frau und seine Tochter.
Etwa sechs Kilometer weiter geht es ebenfalls närrisch zu. Im Pfarrsaal in Gruiten geben sich 160 Frauen die Ehre und feiern Altweiber, sich und die katholischen Frauen (kfd). Seit Wochen ist die Sitzung ausverkauft. Das hat Tradition. Jedes Jahr zählt die kfd-Sitzung zu den Höhepunkten des Haaner Karnevals. Aus gutem Grund: In jedem Programmpunkt ist das Herzblut zu spüren, das Organisatorin Gertrud Goergen, Moderatorin Frauke Heiden-Ziegert und ihre Mitstreiterinnen in die Sitzung investieren.
Ob selbst getextete Lieder, Sketche und Büttenreden mit Lokalbezug oder andere närrische Beiträge — im Laufe der rund sieben Stunden wird alles durch den Kakao gezogen, was den kreativen Damen in den Sinn kommt. Es geht um die Irrungen des Internets, die körperlichen Gebrechen der älteren Generation, das Verhältnis zwischen Gruiten und Haan oder das festgefahrene Eheleben.
Selbst die Kirche bekommt ihr Fett weg. Und das ausgerechnet vom katholischen Frauenchor, der in seinem Lied „Klonen kann sich lohnen“ Vorschläge macht, wie die Kirchen wieder voller werden können.
Gegen Mittag kommt der Bürgermeister. Jetzt schlägt Goergens große Stunde. Sie verleiht ihm den Orden „Unser Burgerking“ und gibt ihm einen Ratschlag mit auf den Weg: „Haben sie die Ruhe und Besonnenheit eines Stuhls, denn der muss auch mit jedem Arsch zurechtkommen.“